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Mathis Cabiallavetta

Schweizer Manager
Geburtstag: 19. Januar 1945 Chur
Nation: Schweiz

Internationales Biographisches Archiv 01/2025 vom 31. Dezember 2024 (cs)


Blick in die Presse

Herkunft

Mathis Cabiallavetta wurde am 19. Jan. 1945 in Chur (Graubünden) als Sohn einer Arbeiterfamilie geboren.

Ausbildung

C. besuchte die Schulen in Chur und erwarb 1963 das Handelsdiplom. Nach zweijährigem Aufenthalt in Zürich studierte er ab 1965 Nationalökonomie in Kanada. Er erwarb das "Bachelor Degree of Commerce" an der Universität Montreal und absolvierte zudem ein Master's Program der Queen's University in Kingston im Bundesstaat Ontario.

Wirken

Einstieg bei der SGBNach seiner Rückkehr in die Schweiz stieß C. im Sept. 1971 zur Schweizerischen Bankgesellschaft (SBG). Diese war 1912 aus einer Fusion entstanden und hatte sich als Universalbank mit Schwerpunkt Privat- und Firmenkunden auch durch Übernahmen zum Marktführer in der Eidgenossenschaft entwickelt. Parallel dazu vollzog sich der Gang ins Ausland.

Stationen des AufstiegsC. begann 1971 als Volkswirtschaftsexperte in der Abteilung Wirtschaftsstudien. Ab 1977 war er im Geschäftsbereich Ausland tätig, zum Teil auch vor Ort in Niederlassungen. In jenen Jahren forcierte die SBG ihre internationale Präsenz und baute gleichzeitig ihre Kompetenzen in der Vermögensverwaltung aus. Unter Robert Holzach, erst Bankchef und ab 1980 Verwaltungsratspräsident vollzog sich die Entwicklung von der "Bauern"-Bank zum internationalen Finanzinstitut, so das Magazin Watson.ch (18.1.2015). C. leitete ab 1979 die Hauptabteilung Devisen und erhielt 1981 den Titel Direktor. 1985 erfolgte mit der Ernennung zum stellv. Generaldirektor die Zuständigkeit für das Ressort Devisen, Edelmetalle, Noten und Geldmarkt. Ab 1987 übernahm er als Generaldirektor zusätzlich die Leitung des Bereichs International.

Im Rahmen der Neuorganisation der SBG zum 1. Juli 1991 rückte C. als Mitglied in die Konzernleitung unter seinem Förderer Robert Studer ein und betreute das Ressort Handels- und Verkaufsaktivitäten, Risk Management und die Trésorerie. Daneben leitete er 1991/1992 zusätzlich die Region Europa. Anfang der 1990er Jahre entwickelte sich die SBG nun verstärkt durch Übernahmen zum internationalen Akteur in den Feldern Private Banking, Asset-Management (institutionelle Vermögensverwaltung) und Investment Banking. Zudem wagte die SBG den Einstieg ins Geschäft mit Derivaten, also mit Risiken behafteten Terminkontrakten.

SGB-KonzernleitungspräsidentZum 1. März 1996 wurde C. Präsident der Konzernleitung, während Studer an die Spitze des Verwaltungsrates wechselte. Angesichts eines enttäuschenden Jahresabschlusses für 1995 verstärkte der schweizerische Investor Martin Ebner nochmals den Druck auf die SBG-Führung. Ebner war über seine Sub-Holding BK Vision AG ein maßgeblicher Aktionär geworden, ein Sitz im Verwaltungsrat war ihm aber verwehrt worden. Vor diesem Hintergrund hatte C. im Nov. 1996 auf einen unerwarteten Zusammenbruch des Immobilienmarktes und auf ein Schwächeln der Schweizer Wirtschaft zu reagieren und bildete mit Blick auf voraussichtliche Kreditausfälle eine einmalige Sonderrückstellung von 3 Mrd. CHF. Dies bewirkte für 1996 einen Verlust von 348 Mio. CHF, den ersten der SBG überhaupt. 1997 fielen im Derivategeschäft über das Londoner Büro Verluste von 625 Mio. CHF an. Auch diese Rückschläge veranlassten die SBG im Mai 1997, in United Bank of Switzerland (UBS) umzufirmieren. 1997 stand die UBS für eine Bilanzsumme von 557,6 Mrd. CHF.

Von der SBG zur UBS und Fusion mit SBVGleich nach Amtsantritt hatte sich C. - intern "Cab" - dem Trend einer Konzentration des Schweizer Bankenmarktes zu stellen. Im April 1996 scheiterte dann allerdings ein Fusionsangebot der aus der Schweizerischen Kreditanstalt hervorgegangenen Credit Suisse (CS) an Indiskretionen und öffentlich ausgetragenen Kontroversen. Danach bahnten sich 1997 Gespräche mit dem Branchen-Dritten an, dem Schweizerischen Bankverein (SBV). Dessen Konzernchef Marcel Ospel und C. kündigten im Dez. 1997 einen Zusammenschluss unter der Firmierung UBS AG an. Der traditionell im internationalen Geschäft und zuletzt auch im Investmentbanking sowie im Asset Management sehr viel stärkere SBV wies für 1997 eine Bilanzsumme von 438,9 Mrd. CHF aus. Mit der neuen UBS entstand die damals weltweit zweitgrößte Bank und der größte Vermögensverwalter mit einer addierten Summe von 1.320 Mrd. CHF und zusammen 56.000 Stellen. Die SBG/UBS-Aktionäre erhielten 60 %, die des SBV 40 %. Der SBG/UBS galt zwar als besser kapitalisiert, die SBV aber als innovativer und aggressiver.

Bei Vollzug der Fusion wurde C. im Sommer 1998 Präsident des neuen UBS-Verwaltungsrates, Ospel als Präsident der Konzernleitung auch öffentlich das klar dominierende Gesicht. Allerdings gingen fast alle Spitzenpositionen an Führungskräfte des SBV, sodass in den Kommentaren der Eindruck entstand, dass es sich in Wirklichkeit um eine Übernahme durch den kleineren Partner gehandelt habe. Im Aug. 1998 war C. daran beteiligt, als sich US-Anwälte jüdischer Holocaust-Opfer sowie die CS und die UBS - nach langwierigen Verhandlungen und Boykott-Drohungen in den USA - auf eine Vergleichszahlung von 1,25 Mrd. US$ einigten.

Erzwungener Abgang bei der UBSIm Okt. 1998 musste die UBS - C. äußerte sich öffentlich nicht dazu (vgl. Handelszeitung, 24.11.2004) - für Verluste von 950 Mio. CHF gerade stehen. Diese waren aus Verlusten über den hoch spekulativen und nun gescheiterten US-Hedge-Fonds Long Term Credit Management (LTCM) entstanden, an dem sich die SBG 1997 unter C. beteiligt hatte. C. trat noch im Oktober zurück, nachdem er kurz zuvor noch betont hatte, er sehe sich ein Jahrzehnt an der UBS-Spitze (vgl. Handelszeitung, a.a.O.). Neuer Verwaltungsratschef wurde C.s Vize Alex Krauer. 2001 übernahm Ospel auch den Vorsitz im UBS-Verwaltungsrat. Als der Bankkonzern Ende 2007 in den Strudel der Finanzmarktkrise geriet, musste Ospel 2008 abtreten.

In der Führung des US-Finanzdienstleisters MMCC. ging im April 1999 nach New York zur Unternehmensgruppe Marsh & McLennan Companies, Inc. (MMC). Er war bereits 1993 in den "International Advisory Board" des weltweit führenden US-Versicherungs-Brokers eingezogen, wurde nun auf operativer Ebene Vice Chairman im Office des CEO und im Jahr 2000 zudem Mitglied im Board of Directors. Die bis 1871 zurückreichende Firmengruppe hat sich zu einer Holding für Finanz- und Beratungsdienste entwickelt, insbesondere Maklerdienste für Firmen in Versicherungs- und Rückversicherungs-Geschäften. C. und Kollegen schieden allerdings im Nov. 2004 wegen des Vorwurfs des Kontrollversagens aus dem Board aus. So musste MMC wegen bekannt gewordener betrügerischer Offerten 850 Mio. US$ für einen Vergleich bezahlen. C. blieb jedoch bei der MMC aktiv, nun in der Position eines Chairman der Tochter MMC International und damit zuständig für die Beziehungspflege mit maßgeblichen Kunden. Zum 1. Sept. 2008 schied C. aus, blieb der MMC aber als Vorsitzender des International Advisory Board vorerst verbunden. 2007 setzte MMC mit weltweit 56.000 Mitarbeitern rund 11 Mrd. US$ um.

Verwaltungsrat bei der Swiss ReIm Sept. 2008 kehrte C. beruflich schwerpunktmäßig in die Schweiz zurück und wurde Verwaltungsrat des weltweit zweitgrößten Rückversicherers Swiss Re. Im März 2009 rückte C. zum Vizepräsidenten auf und folgte auf Walter Kielholz, den neuen Vorsitzenden des Gremiums (bis 2021 im Amt). C. unterstützte Kielholz und den gerade zum Konzernchef aufgerückten Stefan Lippe bei der Stabilisierung der Swiss Re, die in der Finanzmarktkrise wegen riskanter Geschäfte aus dem Takt geraten war. So beliefen sich die Risikopositionen schließlich auf über 200 Mrd. CHF. C. übernahm deren Überwachung und Übertragung in eine Abwicklungsgesellschaft. Zur Sanierung trug auch eine mehrjährige Partnerschaft mit dem US-Investor Warren Buffett (Berkshire Hathaway) bei, der zeitweise einen Anteil von 3,1 % hielt. Anfang 2009 stellte Buffett zudem 3 Mrd. US$ über eine Wandelanleihe zur Verfügung und übernahm auch ein Fünftel des versicherten Risikos aus dem Sachgeschäft. Immerhin erhielt die Swiss Re schließlich die verlorene Bonitätsnote AAA zurück. 2012 wurde noch der Bereich Admin Re (Abwicklung geschlossener Portfolios in der Lebensversicherung) verkauft. C. wirkte auch mit, als nach Lippes überraschender Rücktrittsankündigung die Konzernleitung im Febr. 2012 an Vorstand Michel Liès ging. Unter diesem entwickelte sich die Swiss Re organisch weiter. In C.s letzten Jahren bei der Swiss Re gab es Kritik an seinem Salär von fast 3 Mio. CHF pro Jahr. Im April 2015 gab er den Vize-Posten ab und schied im April 2016 aus dem Verwaltungsrat aus. 2008 lag die Summe der verdienten Prämien bei 25,5 Mrd. CHF, 2014 bei 30,8 Mrd. US$ bei einem Jahresüberschuss von 3,5 Mrd. US$.

Board-Mitglied bei Philip Morris und BlackRockAb 2008 gehörte C. dem Board of Directors der Philip Morris International (PMI) an. Die PMI war gerade nach der Trennung vom Nordamerika-Geschäft in der Altria neu entstanden und behauptete sich auch seither mit operativem Sitz in Lausanne als größter privatwirtschaftlicher Hersteller von Tabakprodukten. 2014 schied C. aus. Damals setzte die PMI netto 29,8 Mrd. US$ um.

Bereits im Okt. 2007 war C. in den Board des weltweit maßgeblichen US-Vermögensverwalters BlackRock Inc. eingezogen. Diesen hatte Lawrence Fink 1988 gegründet und seither Beteiligungen an zahlreichen maßgeblichen börsennotierten Unternehmen aufgebaut. C. wurde ein Vertrauter von Fink, der in seiner Eigenschaft als Chairman im Okt. 2020 für C. die Altersgrenze aufhob und dessen Vertrag verlängern ließ. Dies wurde in erster Linie mit C.s Expertise begründet (vgl. handelszeitung.ch, 6.10.2020). Im Mai 2021 schied C. dann aus dem Gremium aus.

Familie

C. ist mit Silvya, geb. Ramakers, verheiratet und hat zwei Kinder, die 1979 und 1981 geboren wurden. Sein Sohn Beat wurde Partner bei der US-Investmentbank Goldman Sachs. C. spricht Deutsch, Englisch und Französisch. Privat schätzt er Schach, Lesen, Skifahren, Golf und Wandern.

Literatur

Literatur: Dirk Schütz, "Der Fall der UBS - Warum die Schweizerische Bankgesellschaft unterging" (98).

Auszeichnungen

Auszeichnung: European Banker of the Year 1997 (mit M. Ospel; Journalistenpreis).



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