MUNZINGER Wissen, das zählt | Zurück zur Startseite
Wissen, das zählt.


MUNZINGER Personen

José Emilio Pacheco

mexikanischer Schriftsteller
Geburtstag: 30. Juni 1939 Mexiko-Stadt
Todestag: 26. Januar 2014 Mexiko-Stadt
Nation: Mexiko

Internationales Biographisches Archiv 06/2010 vom 9. Februar 2010 (ds)
Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW 05/2014


Blick in die Presse

Herkunft

José Emilio Pacheco wurde am 30. Juni 1939 als Sohn eines Rechtsanwalts und Notars in Mexiko-Stadt geboren.

Ausbildung

P. schrieb bereits als Schüler Artikel für Zeitschriften und Zeitungen. Auf Wunsch seines Vaters studierte er zunächst Jura, wechselte dann jedoch zur Philologie. Bereits als Student arbeitete er als Kritiker, Herausgeber und Kolumnist für mexikanische Kultur- und Literaturzeitschriften sowie für die Feuilletons bekannter mexikanischer Zeitungen.

Wirken

Nach seinem Studium wirkte P. als Dozent für Literaturwissenschaften und Poetik in England, Kanada und in den USA. Danach kehrte er nach Mexico City zurück, blieb jedoch Gastprofessor an der University of Maryland, wo er Sommerkurse abhielt.

P.s erster Lyrikband mit dem Titel "Los elementos de la noche" (dt. Die Elemente der Nacht) erschien 1963 und machte ihn ebenso wie die Anthologie "No me preguntes cómo pasa el tiempo" mit Gedichten aus den Jahren 1964-1968 als Lyriker schnell bekannt. Auch der Erzählungsband "El viento distante y otros relatos" von 1963, auf Deutsch unter dem Titel "Der ferne Wind" erst 1993 erschienen, verschafften ihm in Mexiko als Lyriker Erfolg, während er als Romanschriftsteller langsamer Fuß fasste.

In Deutschland nahm man von P. erst durch die Übersetzungen seiner Werke Notiz, vor allem ab 1993 durch das Länderthema Mexiko auf der Frankfurter Buchmesse.

Sein erster Roman "Morirás lejos", den P. 1967 publizierte und der erst 25 Jahre später auf Deutsch unter dem Titel "Der Tod in der Ferne" erschien, beschäftigte sich nicht nur mit den Nazi-Verbrechen wie der Vernichtung des Warschauer Ghettos und dem industriellen Massenmord in den Konzentrationslagern, sondern auch mit zeitferneren Verbrechen. Zwei parallel erzählte Geschichten wie die Verbrechen der Römer im Jüdischen Krieg bei der Zerstörung Jerusalems oder die ethisch-religiöse Säuberung zur Zeit der spanischen Reconquista, als die Sepharden vertrieben wurden, deren späte Nachfahren die Nazis im griechischen Saloniki wiederum in Vernichtungslager abtransportierten, gesellen sich dazu. Auf den ersten Blick ist die Haupthandlung einfach: ein Mann, abgekürzt mit dem Namen Em, beobachtet durch die Jalousie einen anderen Mann, der vor seinem Haus auf einer Bank sitzt und in einer Zeitung blättert. "Em" steht jedoch für M, die Abkürzung für Mengele, den KZ-Arzt und Selektierer an der Rampe von Auschwitz, der zunächst unbehelligt in Bayern lebte, sich geschickt dem Zugriff der Alliierten entzog und danach in Lateinamerika untertauchte, wo er 1979 starb. In P.s Roman leidet Mengele an Verfolgungswahn, deshalb die Parallelwelten zum alten Jerusalem und zum Warschauer Ghetto.

P.s Erzählungsband "Kämpfe in der Wüste" erschien 2000 auf Deutsch, die Originalausgabe 1981 unter dem Titel "Las batallas en el desierto". Im Mexiko der fünfziger Jahre angesiedelt, schildern die Prosatexte eine autoritäre Gesellschaft, die "geprägt von Doppelmoral, sozialer Ungerechtigkeit" erscheint und bieten so eine "literarische Analyse der Entstehung von Gewalt" (FR, 21.3.1995). P.s Geschichten sind nach Meinung der Literaturkritik mit großer Präzision erzählt, viele handeln von Alltagssituationen, andere gehen ins Fantastische über.

Sein Gedichtband "Rückkehr zu Sisyphos", der 2003 erschien und in dem Gedichte aus den Jahren zwischen 1959 und 2000 versammelt sind (in der Originalausgabe hieß der Band "Tarde o temprano"), ist eine Mischung aus Lyrik und poetischer Kurzprosa. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (6.8.2004) beschrieb P. als Naturlyriker, dessen Gedichte jedoch vom Menschen handelten, dem "seiner Natur nach jedoch noch immer sprachlosen Tier". Die Sprachlosigkeit des Menschen wolle P. wieder ins Blickfeld rücken.

2009 erhielt P. den Premio Cervantes, den höchsten und renommiertesten Literaturpreis der hispanischen Welt. Im Mai desselben Jahres hatte er bereits den Reina-Sofia-Preis für Lyrik erhalten und betont, er wolle das Preisgeld weitgehend für ärztliche Behandlungen ausgeben, da körperlich nichts mehr funktioniere (FAZ, 9.5.2009).

Familie

26. Januar 2014: Der mexikanische Schriftsteller José Emilio Pacheco stirbt im Alter von 74 Jahren in einem Krankenhaus in Mexiko-Stadt, in das er am Vortag nach einem Sturz gebracht worden war.

Werke

Publikationen Romane und Erzählungen u. a.: "El viento distante y otros relatos" (63; 93, dt. Der ferne Wind), "Morirás lejos" (67; dt. 92, Der Tod in der Ferne), "El principio del placer" (72), "La sangre de Medusa" (77), "Las batallas en el desierto" (81; 00, dt. Kämpfe in der Wüste).

Lyrikbände u. a.: "Los elementos de la noche" (Ged.; dt. 63, Die Elemente der Nacht), "No me preguntes cómo pasa el tiempo – 1964-1968" (Ged.; 68), "Irás y no volverás" (Ged.; 73), "El silencio de la luna". Gedichte 1985-1996 (96), "La arena errante". Gedichte 1992-1998 (98), "El reposo del fuego" (99), "Tarde o temprano". Gedichte 1958-2000 (dt. 03, Rückkehr zu Sisyphos), "Desde entonces". Gedichte 1975-1978 (01), "Miro la tierra". Gedichte 1983-1986 (01), "Circo de noche" (Ged., dt. 02, Nachtzirkus), "Islas a la deriva". Gedichte 1973-1975 (06), "Früher oder später - Tarde o temprano". Gedichte 1964 bis 2000, zweisprachig (11).

Literatur

Literatur: Elizabeth Wadell: "Story, History or Historia?" (Essay, 08).

Auszeichnungen

Auszeichnungen u. a.: Malcolm-Lowry-Essaypreis (92), Literaturpreis Mexiko (93), José-Asunción-Silva-Lyrikpreis (94), Premio Mazatlán (99), Premio José Fuentes Mares (00), Premio Ramón López Velarde (03), Premio Octavio Paz (03), Premio Alfonso Reyes (04), Premio Pablo Neruda (04), Premio Federico García Lorca (05), Königin-Sofía-Preis für iberoamerikanische Poesie (09), Premio Cervantes (09).

Mitgliedschaften

Mitgliedschaften u. a.: P. war Mitglied des Colegio Nacional (ab 1986) und Mitglied der Academia Mexicana de la Lengua (ab 2006).



Die Biographie von Erich Eyck ist nur eine von über 40.000, die in unseren biographischen Datenbanken Personen, Sport und Pop verfügbar sind. Wöchentlich bringen wir neue Porträts, publizieren redaktionell überarbeitete Texte und aktualisieren darüberhinaus Hunderte von Biographien.
Unsere Datenbanken sind unverzichtbare Recherchequelle für Journalisten und Publizisten, wertvolle Informationsquelle für Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft, Grundausstattung für jede Bibliothek und unerschöpfliche Fundgrube für jeden, der mit den Zeitläuften und ihren Protagonisten Schritt halten will.



Lucene - Search engine library