Frère Roger
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Internationales Biographisches Archiv
Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW
Frère Roger (eigentl. Roger Louis Schutz-Marsauche) wurde 1915 als Sohn eines reformierten Schweizer Pfarrers in Provence (Kanton Vaud) in der Schweiz geboren. Sein Vater Karl Ulrich Schütz stammte aus Bachs im Zürcher Unterland, die französische Mutter Amélie Henriette Schütz-Marsauche aus Burgund. R. war das jüngste von neun Geschwistern.
1935 bis 1939 studierte R. Theologie in Lausanne und Straßburg. Dabei versuchte er nachzuweisen, dass Luther kein Gegner des evangelischen Mönchtums war. 1939 wurde er als Pastor ordiniert.
1940 ließ sich R. in Taizé, einem kleinen Dorf in Burgund im Departement Saône-et-Loire, nieder. Er kaufte ein leer stehendes Herrenhaus, das Verfolgten, vor allem Juden, vorübergehende Herberge in der Nähe der Demarkationslinie zwischen dem besetzten und dem unbesetzten Frankreich war. 1942, als die Deutschen auch die Kontrolle im südlichen Vichy-Frankreich übernahmen, durchsuchte die Gestapo das Anwesen und verschleppte die Bewohner; R. konnte in die Schweiz fliehen. Er kehrte im Sommer 1944 mit zwei Freunden nach Taizé zurück und nahm sich nunmehr der Kriegswaisen und der deutschen Kriegsgefangenen in den Lagern der Umgebung an. An Ostern 1949 kam es zur Gründung eines evangelischen Ordens, dessen erste sieben Brüder sich gemäß dem traditionellen Mönchsgelübde zu Ehelosigkeit, Gütergemeinschaft und zur Anerkennung eines Priors bekannten. R. ist seitdem Prior der Communauté Taizé.
Brüderlichkeit und Versöhnung zwischen den Nationen, Konfessionen und Klassen sind bis heute Kern der Berufung, die sich die "evangelischen Mönche" gestellt haben. Gläubige anderer christlicher Konfessionen fanden Aufnahme in der Gemeinschaft, ohne die Zugehörigkeit zu ihrer Kirche widerrufen zu müssen. Die Grenzen hoben sich in der Gemeinschaft auf. Das Französische ist die Sprache der Verständigung; in der Liturgie, in der Elemente der römisch-katholischen Messe mit evangelischen und ostkirchlichen Formen der Andacht verschmolzen sind, haben alle Sprachen Raum.
Ihren Unterhalt bestreitet die erste ökumenische Brüderschaft der Kirchengeschichte aus dem Ertrag der handwerklichen und künstlerischen Werkstätten, aus Druck und Vertrieb der Bücher und Schallplatten sowie aus den Einkünften der Brüder, die einem profanen Beruf nachgehen. Des Besitzes, der in den 60er Jahren gemeinsam mit fünf Bauern in eine Kooperative eingebracht worden war, hat sich die Communauté entledigt, ausgenommen die Unterkünfte und das unmittelbar anliegende Land. Spenden werden nicht angenommen, Rücklagen nicht gebildet. Seit 1951 leben Brüder außerhalb von Taizé in kleinen Fraternitäten an Brennpunkten des Weltgeschehens, möglichst dicht an der Seite der Armen. Seit 1962 reiste R. mehrfach in die Länder des kommunistischen Osteuropas.
Der Ökumenische Weltkirchenrat öffnete sich Taizé unter dem amerikanischen Generalsekretär Eugene Blake, die Katholische Kirche unter Papst Johannes XXIII. Beim Zweiten Vatikanum 1962-1965 wurde der Rat der Brüder mit Aufmerksamkeit gehört; R. nahm auf Einladung des Papstes als "offizieller Beobachter" am Konzil teil. 1969 trat der erste Katholik der Gemeinschaft bei, heute ist ein Drittel der insgesamt etwa 100 Brüder aus 25 Nationen katholischer Konfession. Das neue ökumenische Modell beeinflusste auch das ökumenische Gespräch zwischen den Kirchen. Papst Johannes Paul II., mit dem R. die Verehrung für Maria teilte, war zweimal zu Besuch in Taizé, das erste Mal noch als Krakauer Erzbischof. Bei den Beisetzungsfeierlichkeiten für Johannes Paul II. im April 2005 empfing R. als einziger Protestant die Kommunion von Kardinal Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI.
Seit 1957 entwickelte sich Taizé zunehmend zu einem Treffpunkt junger Menschen aus allen Teilen Europas. Vor allem seit 1968, dem Jahr des Aufbruchs der studentischen Jugend in Frankreich und Deutschland, suchten jährlich nahezu 200.000 junge Christen in dieser Gemeinschaft in Burgund neue Lebensbezüge. Für sie prägte R. die Formel von der "Violenz der Friedfertigkeit". Taizé ist damit der größte Jugendwallfahrtsort des Kontinents geworden, "eine Art christliches Dauer-Woodstock, wo man Gleichgesinnte trifft", so die Süddeutsche Zeitung (12.5.2005). Dreimal täglich treffen sich die Pilger, die in einfachen Unterkünften campieren, mit den Mitgliedern der Gemeinschaft zu Gebet und Meditation in der Erlöserkirche.
Ostern 1970 lud R. zu einem Konzil der Jugend ein, das erstmals 1974 stattfand und mehr als 40.000 Jugendliche nach Taizé kommen ließ. Seit 1978 trafen und treffen sich Jahr für Jahr bis zu 100.000 junge Menschen aus aller Welt jeweils um die Jahreswende im Rahmen eines "Europäischen Pilgerweges", der u. a. in Rom (80), London, Paris, Madrid, Köln (84), Madras (86), Breslau (89), Prag (90), Budapest (91) und Wien (92) Station machte. 1993 war München Gastgeber des 16. Europäischen Jugendtreffens; es folgten u. a. Paris (94), Stuttgart (96), Wien (97) und Mailand (98). Mehr als die Hälfte der meist jungen Pilger, die in den Sommermonaten das bewusst einfache Leben der Gemeinschaft teilen und ständig zwischen 2.000 und 6.000 Menschen umfassen, kommt seit dem Fall des Eisernen Vorhangs aus den Ländern des einstigen Ostblocks. Osteuropa macht sich inzwischen auch in der Architektur Taizés bemerkbar, wo die ständig erweiterte Kirche Zwiebeltürme und orthodoxe Kreuze trägt, sich die Strenge der katholischen Liturgie und des protestantischen Gottesdienstes mit ostkirchlicher Spiritualität mischt.
Noch als 90-Jähriger, zwar im Rollstuhl sitzend und körperlich gebrechlich wirkend, war R., meist umgeben von Kindern, immer in seiner Gemeinschaft präsent. Während des Abendgebetes, an dem rund 2.500 Gläubige teilnahmen, wurde der Gründer der ökumenischen Bruderschaft von Taizé am 16. Aug. 2005 von einer offenbar geistig verwirrten 36 Jahre alten Rumänin getötet. Die Frau stach mehrmals mit einem Messer auf R. ein, der später seinen Verletzungen erlag. Die Nachricht von seinem Tod löste bei Kirchenvertretern und Politikern große Betroffenheit aus. Beim zu dieser Zeit in Köln abgehaltenen Weltjugendtag wurde vielfach des Brückenbauers zwischen den Konfessionen und Menschen gedacht. Papst
Veröffentlichungen u. a.: "Die Regeln von Taizé" (Aktualisierung 66), "Im Heute Gottes leben" (59), "Die Dynamik des Vorläufigen" (65), "Die Gewalt der Friedfertigen" (68), "Ein Fest ohne Ende" (71; Tagebuch 69-70), "Kampf und Kontemplation" (73; Tagebuch 70-72), "Aufbruch ins Ungeahnte" (Tagebuch 72-74),, "Einer Liebe staunen" (79; Tagebuch 74-76), "Die Quellen von Taizé" (80), "Gott kann nur lieben. Erfahrungen und Begegnungen" (02).
2010:
2006: Michael Albus: "Taizé. Die Einfachheit des Herzens. Das Vermächtnis von
2009: Yves Chiron: "
2010:
Auszeichnungen u. a.: Tempeltonpreis (74), Friedenspreis des Dt. Buchhandels (74), Ehrendoktorwürde Kath.-Theol. Akademie Warschau (86), UNESCO-Friedenspreis (88), Internationaler Karlspreis (89), Robert-Schumann-Preis (92), Notre Dame Award (96).
Letzte Adresse: c/o Taizé Communauté, 71250 Cluny, Frankreich, Tel.: +33 3 85503030