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Ellina Zwerewa

belarussische Leichtathletin (Diskuswurf)
Geburtstag: 16. November 1960 Dolgoprudny
Klassifikation: Wurf (Leichtathletik)
Nation: Belarus
Erfolge/Funktion: Olympiasiegerin 2000
Weltmeisterin 1995
Vizeeuropameisterin 1994

Internationales Sportarchiv 11/2001 vom 5. März 2001 (st)


Im reifen Leistungssportalter von fast 40 Jahren krönte die Weißrussin Ellina Zwerewa ihre Laufbahn als Diskuswerferin: Bei den Olympischen Spielen in Sydney gewann sie erstmals olympisches Gold. Der Olympiasieg war verdienter Lohn für eine fast zwei Jahrzehnte währende Karriere mit zahlreichen Medaillen und vorderen Platzierungen, darunter olympische Bronze 1996, WM-Gold 1995 und -Silber 1997 sowie EM-Gold 1994. Überschattet wird die Bilanz der "Diskus-Oma" (Leichtathletik, 40/2000) allerdings durch ein Dopingvergehen. 1992 wurde sie nach einer positiven Dopingprobe gesperrt, durfte aber bereits ein Jahr später in die Leichtathletikarenen zurückkehren.

Laufbahn

Ellina Zwerewa, geb. Kischejewa, ist das Paradebeispiel einer Spätstarterin. Im Alter von 18 Jahren lag sie mit einer Bestweite von 44,06 m außerhalb des Interesses der Leichtathletikexperten. Als 19-Jährige übertraf sie erstmals die 50-m-Marke, zwei Jahre später mit 62,52 m aber bereits die 60-m-Marke. Obwohl sie bereits Mitte der achtziger Jahre Weltklasseweiten von 65 bis 69 m zeigte, musste die sowjetische Meisterin von 1986 sehr lange auf ihren ersten internationalen Einsatz warten. Ausgerechnet bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul feierte sie ihren Einstand im Kreis der weltbesten Diskuswerferinnen. Trotz einer Weite von 68,94 m belegte sie im olympischen Finale aber nur Rang fünf hinter den überragenden DDR-Werferinnen Hellmann und Gansky sowie den Bulgarinnen Christowa und Mitkowa.

Mit dem Landesrekord von 71,58 m übertraf sie 1988 erstmals die 70-m-Marke. Diese Leistung blieb bis heute persönliche Bestleistung der Sportlehrerin aus Minsk. Ihre rasanten Steigerungen und extremen Leistungsschwankungen weckten Ende der achtziger Jahre das Misstrauen westlicher Beobachter. Von 1981 bis 1984 verbesserte sie sich Jahr für Jahr um jeweils drei Meter. Auf fast 69 m im Jahre 1986 folgten in der darauf folgenden Saison nicht einmal 61 m. 1988 steigerte sie sich um über 10 m, ehe sie 1989 ohne zählbares Wettkampfergebnis blieb. Dennoch zählt sie spätestens seit 1990 zum festen Kreis der besten Diskuswerferinnen der Welt. Regelmäßig qualifizierte sie sich für das Finale bei internationalen Meisterschaften, bei allen großen Titelkämpfen gewann sie zumindest einmal auch eine Medaille.

Nach EM-Rang sechs 1990 und WM-Rang neun 1991 hatte sie bei den Olympischen Spielen in Barcelona auf ihre erste Medaille gehofft, doch der Traum platzte früh: Als Siegerin der Olympia-Qualifikation der GUS wurde sie nach einem positiven Dopingtest wegen Steroid-Einnahme für vier Jahre gesperrt. Damit schien die sportliche Karriere der knapp 32-jährigen Athletin sang- und klanglos beendet zu sein.

Überraschend durfte sie aber bereits in der folgenden Saison wieder starten. Sie wurde weißrussische Meisterin und qualifizierte sich als Siegerin des B-Finales im Europapokal für den Weltcup. Im Trikot des Europateams wurde sie Zweite. Auch bei den Europameisterschaften 1994 in Helsinki belegte sie diesen Rang. Die Silbermedaille von Helsinki war ihr erstes Edelmetall bei einer internationalen Meisterschaft - im Alter von 33 Jahren. Mit einem dritten Rang in der Grand-Prix-Wertung bestätigte sie die Erfolge ihrer bis dahin besten Saison. "Je älter, desto erfolgreicher", schien die Devise der kräftigen Weißrussin zu sein. 1995 gewann sie den Titel der Weltmeisterin. In Göteborg untermauerte sie ihren Ruf, eine "Meisterin des ersten Durchgangs" zu sein. Mit einem Wurf von 68,84 m schockte sie die Konkurrenz und gewann sicher Gold vor Ilke Wyludda. Die Deutsche hatte zwar die bessere Serie, lag mit 67,20 m aber um über einen Meter zurück.

Bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta revanchierte sich die WM-Zweite. Mit ihrem Siegeswurf von 69,66 m ließ sie der Konkurrenz keine Chance. Ellina Zwerewa erhielt für ihren besten Wurf von 65,64 m die Bronzemedaille. Am Ende lag sie nur um 16 Zentimeter vor der zweiten Deutschen Franka Dietzsch. Starke Leistungen bei den internationalen Sportfesten brachten sie auf Rang zwei der Grand-Prix-Wertung.

Mit dem Gewinn der Silbermedaille und 65,90 m bewies die 1,82 m große und 90 kg schwere Weißrussin auch bei der WM 1997 ihre Beständigkeit. Lediglich die Weltranglistenerste Beatrice Faumuina übertraf sie in Athen. Bei der EM 1998 in Budapest lag sie mit einer fast schon "genormten Weite" von 65,92 m bis zum letzten Durchgang auf Rang drei, ehe die Neubrandenburgerin Franka Dietzsch mit einem 67,49-m-Wurf noch Gold gewann und Ellina Zwerewa auf den enttäuschenden vierten Platz verdrängte.

Nach Platz zehn bei der WM 1999 in Sevilla schien ihre lange Karriere allmählich zu Ende zu gehen, doch bei den Olympischen Spielen in Sydney feierte sie elf Wochen vor ihrem 40. Geburtstag den größten Erfolg ihrer Laufbahn. Mit 68,40 m im dritten Durchgang schleuderte sie den Diskus so weit wie keine andere Werferin an diesem Tag. Am Ende war die älteste Teilnehmerin auch die beste: Mit fast drei Meter Vorsprung gewann sie verdient ihre erste olympische Goldmedaille. Alle vier gültigen Versuche hätten für Gold gereicht.

Das Fachmagazin Leichtathletik (40/2000) würdigte sie: "Die Altmeisterin ist fast seit Urzeiten dabei und gehört schon zum Diskus-Inventar. Man könnte sie auch als den weiblichen Jürgen Schult bezeichnen. Wenn sie nicht da ist, stimmt irgendetwas nicht." In den zwölf Jahren zuvor hatte sie neunmal im Finale bei großen internationalen Meisterschaften gestanden, nach Platz fünf und drei bei früheren Olympischen Spielen war sie - auch nach Ansicht vieler Konkurrentinnen - "einfach dran". Wer geglaubt hatte, dass sie nach dem Triumph ihren Abschied verkünden würde, wurde noch in Sydney eines Besseren belehrt. Ellina Zwerewa dachte überhaupt nicht ans Aufhören: "Das ist mein Job, und ich mag ihn. Solange ich so gut werfen kann, werde ich weitermachen."

Persönliches

Ellina Zwerewa (früher auch Jelina Swerewa) wurde als Ellina Kischejewa in Dolgoprudny geboren. Seit ihrer Eheschließung lebt sie in der weißrussischen Hauptstadt Minsk, wo sie beim Sportclub Dynamo trainiert. Besonderer Stolz der Sportlehrerin ist ihre 1987 geborene Tochter.

Karriere in Zahlen

Erfolge:

Olympische Spiele:

1988: Fünfte
1996: Dritte
2000: Siegerin

Weltmeisterschaften:

1991: Neunte
1995: Siegerin
1997: Zweite
1999: Zehnte

Europameisterschaften:

1990: Sechste
1994: Zweite
1998: Vierte

Weltcup:

1994: Zweite

Europacup:

1993: Siegerin B-Gruppe
1994: Dritte

Grand Prix:

1994: Dritte
1996: Zweite

Landesmeisterschaften:

1986: UdSSR-Meisterin
1993: weißrussische Meisterin

Leistungsentwicklung:

Jahr    Diskuswerfen
* 68,82 m disqual.
1979:     44,06 m
1980:     51,38 m
1981:     59,88 m
1982:     62,52 m
1983:     65,18 m
1984:     68,56 m
1985:     66,64 m
1986:     68,96 m
1987:     60,84 m
1988:     71,58 m
1989:     -
1990:     66,20 m
1991:     63,80 m
1992:     66,26 m*
1993:     66,32 m
1994:     67,44 m
1995:     68,84 m
1996:     68,60 m
1997:     65,94 m
1998:     67,46 m
1999:     67,60 m
2000:     68,40 m



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