Herkunft
Werner Eduard Klatten wurde am 20. Aug. 1945 als Sohn eines Kaufmanns in Esslingen geboren. Er wuchs in Stuttgart und Hamburg auf, wo sein Stiefvater im Springer-Verlag führend tätig war.
Ausbildung
Nach dem Abitur in Hamburg studierte K. ab 1966 dort und in Berlin Rechtswissenschaft. 1970 und 1973 legte er die Staatsexamina ab. Das Referendariat absolvierte er in den USA.
Wirken
Rechtsanwalt und Justiziar1973 trat K. als Rechtsanwalt in die Hamburger Kanzlei Hasche, Albrecht, Fischer pp. ein. Er spezialisierte sich auf Gesellschafts- sowie allgemeines Wirtschafts- und Steuerrecht. 1977 wechselte er als Justiziar zum Bremer Zigarettenhersteller Martin Brinkmann AG ("Lord Extra"), erhielt 1978 Prokura und leitete neben der Hauptabteilung Recht ab 1980 auch die Hauptabteilung Kommunikation (Pressesprecher). 1982 rückte er als Generalbevollmächtigter und Marketingdirektor in die Unternehmensleitung auf. 1983 wurde er stellv. Mitglied und 1984 Vorstandsmitglied für Marketing und Vertrieb. 1985 stieg er zum Vorstandsvorsitzenden auf und wurde ein Jahr später zudem Vorsitzender der Geschäftsführung des damaligen Brinkmann-Mutterkonzerns Rothmans Deutschland GmbH, Berlin.
SAT.1-GeschäftsführerZum 1. Jan. 1988 wechselte K. als Vorsitzender der Geschäftsführung zur SAT.1 Satelliten Fernsehen GmbH nach Mainz, wo er zwischen den oft konträren Interessen der beiden Hauptaktionäre Leo Kirch und Axel Springer Verlag vermittelte. 1990 übernahm der Filmhändler Kirch über die Programmgesellschaft für Kabel- und Satellitenrundfunk (PKS) den maßgeblichen Anteil von 43 % und der Springer-Verlag beschränkte sich auf 20 %. K. sollte das Programm werbewirksam ausbauen und die Kosten stabilisieren. Er vermittelte 1990 für 750 Mio. DM den Kauf eines Filmpakets von Kirch und profilierte SAT.1 als "modernes, familienorientiertes Vollprogramm" mit Betonung von "Comedy, Sketch und Humor". Attraktivität erreichte der Privatsender mit etablierten TV-Stars, mit neuen bunten Formaten wie Shows und Talkrunden sowie einigen selbst produzierten Serien. K.s Kurs steigerte zwar Umsatz und Gewinn, doch blieb SAT.1 im Wettbewerb der Privaten trotz eines Marktanteils von 14,4 % (1993) zurück. Der Erwerb der Übertragungsrechte für die Fußball-Bundesliga (1992-1997) für 700 Mio. DM brachte mittelfristig die Wende. Die neu konzipierten Bundesliga-Shows wurden aber erst nach Anlaufproblemen zu Publikumsmagneten und damit zu Werbeträgern. Unbill mit Kirch brachte K. seine Bemerkung ein, nicht der Sender mache Gewinne, sondern die Programmlieferanten. Innere Differenzen über die Unternehmensführung trugen dazu bei, dass sich SAT.1 im Mai 1993 von K. trennte. Nachfolger wurde Hans Grimm.
Wechsel zur SPIEGEL-GruppeNach dem für ihn "überraschenden Rausschmiss" (ZEIT, 25.6.1993) arbeitete K. wieder als Anwalt in Hamburg. Er war Berater von SPIEGEL TV, half der Verlagsgruppe Heinrich Bauer bei TV-Initiativen und dem Privatsender VOX bei der Sanierung. Im Nov. 1994 übernahm K. beim SPIEGEL-Verlag den Geschäftsbereich Märkte und Erlöse mit der Zuständigkeit für Marketing, Vertrieb und Anzeigen. DER SPIEGEL befand sich damals angesichts des Erfolgs des neuen Magazins Focus und der fortschreitenden Zersplitterung des Zeitschriftenmarkts in einer schwierigen Situation. Mit Gründer Rudolf Augstein, K. und dem ebenfalls neuen Chefredakteur Stefan Aust glückte die Stabilisierung. K. diversifizierte die Angebote, um mehr Anzeigenerlöse zu erzielen und den praktischen Nutzwert für die Leser zu erhöhen. Dabei legte der Verlag neue Publikationen auf wie Uni-SPIEGEL, SPIEGEL Chronik, SPIEGEL Special und später SPIEGEL Reporter. 1996 wurde K. einer der vier Geschäftsführer der SPIEGEL TV GmbH. Als 2000 die Gruppe ihre Internet-Aktivitäten in der SPIEGELnet AG bündelte, wurde K. deren Vorstandsvorsitzender. Zu den Multimedia-Aktivitäten zählten damals e-commerce und kostenlose Angebote wie SPIEGEL-Online und manager-magazin.de.
Neuausrichtung von EM.TVZum 1. Sept. 2001 wechselte K. als Vorstandsvorsitzender an die Spitze des nach dem Börsenniedergang angeschlagenen Medienunternehmens EM.TV & Merchandising AG (ab 2007 EM.Sport Media AG). Die Führung war ihm von der Kirch-Gruppe angetragen worden. Im Jan. 2002 erwarb K. von dem ausscheidenden Firmengründer Thomas Haffa über die WKB Beteiligungsgesellschaft 25 % der Aktien und wurde Hauptaktionär des Unternehmens. Angesichts der komplizierten Sanierung bei EM.TV sprach K. vom "größten Abenteuer meines Lebens" (FAS, 10.2.2002). Dabei galt er als "kühl-bescheidenes Gegenstück" (MM, 17.8.2005) zu seinem Vorgänger, dem schillernden Medienunternehmer Haffa, der EM.TV 1989 als Merchandisingunternehmen für Kinder-Trickfilme (Tabaluga, Wickie, Biene Maja) gegründet hatte. Ein Bündnis mit Kirch und der Kauf von dessen Bibliothek mit Kinder- und Jugendfilmen ließen das Unternehmen im IT-Boom rasant wachsen. Auf den Börsengang 1997 folgten - getragen von fulminanten Börsenkursen - kostspielige Beteiligungen. Als im Okt. 2000 Bilanzierungsfehler bekanntwurden, brach die Aktie von EM.TV ein. Im Juli 2001 gab Haffa auf. Unter dem Damokles-Schwert der drohenden Insolvenz gab K. einen Großteil des Portfolios ab. Mit massivem Wertverfall konfrontiert sah sich K. beim Verkauf der Jim Henson Company (Sesamstraße, Muppet Show), die EM.TV 2000 für 680 Mio. US$ erworben hatte. Nachdem bereits wesentliche Teile der Firma in Vorjahren verkauft worden waren, kauften Hensons Kinder die Firma (Umsatz: 130 Mio. Euro) 2003 für 89 Mio. US$ zurück. Kernursache für die EM.TV-Krise bildete jedoch der 2000 erfolgte Einstieg mit 50 % in die Formel-1-Holding SLEC. 2002 besaß EM.TV an dieser noch 16,7 %, die überdies Banken als Sicherheit für Kirch-Kredite dienten. Nach der Insolvenz der Kirch-Gruppe übertrug K. 2003 den Anteil für nur 8,5 Mio. Euro an die Bayerische Landesbank und schrieb die Beteiligung mit 200 Mio. Euro ab. Wegen der Kirch-Insolvenz scheiterte auch K.s Plan, den Anteil am profitablen Filmproduzenten Constantin Film AG auszubauen, woraufhin EM.TV seinen 16,4%-Anteil an der Constantin Film 2003 an die Schweizer Highlight Communications AG abgab. Die 2005 fällige Rückzahlung einer Wandelanleihe von 469 Mio. Euro konnte EM.TV nicht finanzieren. K. gelang es aber 2004 im Rahmen einer umfassenden Restrukturierung der Wandelanleihe, Gläubiger und Aktionäre für eine Neuordnung des Aktionärskreises zu gewinnen. Entsprechend erhielten die Gläubiger statt einer Rückzahlung 60 % an dem zur EM.TV AG umfirmierten Anbieter sowie Teilerlöse aus Desinvestitionen wie dem 2004 erfolgten Verkauf des 45%-Anteil an der Filmrechte-Gruppe Tele München. Schon Anfang 2004 hatte K. seinen EM.TV-Anteil, der durch die neue Aktionärsstruktur auf 9,9 % geschmolzen war, an Constant Ventures abgegeben.
Umwandlung zur EM.Sport Media AGZu K.s Neuausrichtung der EM.TV gehörte der Sport als zweites Standbein neben der Unterhaltung. Dabei glückte es ihm, eine ganze Wertschöpfungskette aufzubauen. 2002 hatte er sich die exklusiven europäischen Merchandisingrechte an der Fußball-WM 2006 gesichert. Mit Karstadt-Quelle und dem Investor Hans-Dieter Cleven erwarb EM.TV 2003 aus dem Kirch-Gefüge die Deutsche Sportfernsehen GmbH (DSF) und den Sport-Onlineanbieter Sport1 GmbH. Über die Tochtergesellschaft EM.Sport GmbH wurden 100 % an der Produktionsfirma PLAZAMEDIA erworben. Die anfänglichen 40 % an DSF und Sport1 erhöhte K. 2005 für rund 40 Mio. Euro auf 100 %. 2004 war DSF erstmals profitabel und steuerte mit PLAZAMEDIA 86 % zum Umsatz bei. Dachgesellschaft für die Sport-Aktivitäten wurde 2004 die EM.Sport GmbH. Für die Sparte Unterhaltung erwarb K. die restlichen 50 % an der aus der Kirch-Gruppe hervorgegangenen Filmrechte-Bibliothek Junior TV. Ende 2004 reichte EM.TV wegen möglicher Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem Erwerb der Formel-1-Beteiligung gegen ehemalige Organmitglieder Schadenersatzklage ein. Im Mai 2007 kündigte K. den Verkauf der Unterhaltungssparte inklusive der Kinder- und Jugendprogramme an sowie die Konzentration des Unternehmens auf den Bereich Sport. Damit einhergehend wurde im Juli 2007 der Firmenname von EM.TV in EM.Sport Media AG geändert und der Firmensitz von Unterföhring nach Ismaning verlegt.
Aufbau eines Medienkonzerns2007 beteiligte sich EM.Sport Media zu 5 % an der Satelliten-Vermarktungsplattform Premiere Star. Gleichzeitig wurde der Rahmenvertrag zwischen der EM.Sport Media-Tochter PLAZAMEDIA und dem Bezahlsender Premiere bezüglich der Sendeabwicklung und Produktion des Sportprogramms von Premiere bis 2013 verlängert. Dieser garantierte dem Sportfernseh-Produzenten PLAZAMEDIA ein zusätzliches Auftragsvolumen in Höhe eines niedrigen dreistelligen Millionenbetrags und beinhaltete auch weiterhin die technische Produktion der Fußball-Bundesliga. Ab 2007 stieg EM.Sport Media in mehreren Schritten in das Schweizer Medienunternehmen Highlight Communications ein, das auch an Constantin Film beteiligt war. Trotz eines Umsatzzuwachses auf 230,7 Mio. Euro (Vorjahr: 222 Mio. Euro) machte EM.Sport Media im Geschäftsjahr 2007 wegen einer Sonderabschreibung auf die schwer angeschlagene Unterhaltungssparte einen Verlust von 41,7 Mio. Euro. Im Jahresschnitt waren rd. 800 Mitarbeiter beschäftigt. Im März 2008 kündigte K. seinen Rückzug als Vorstandsvorsitzender zum 31. Aug. 2008 sowie den Wechsel in den Aufsichtsrat von EM.Sport Media an, die im Jan. 2009 zu Constantin Medien AG umbenannt wurde (bis 2014). K.s Nachfolger wurde Bernhard Burgener, zuvor Verwaltungsratspräsident bei Highlight Communications.
An der Spitze der SporthilfeZum 1. Dez. 2008 übernahm K. von Ann-Kathrin Linsenhoff den ehrenamtlichen Vorsitz bei der Stiftung Deutsche Sporthilfe (DSH), die 3.800 Athleten förderte (Stand: 2009). Seine Stellvertreterin mit Zuständigkeit für den Bereich Sport wurde die Ex-Schwimmerin Franziska van Almsick. Nachdem der Erlös aus "Glücksspirale" und Sonderbriefmarkenverkauf eingebrochen war, sorgte K. für neue Einnahmequellen, indem er u. a. ein Patenschaftsmodell für Spitzensportler einführte. Die von K. eingeleitete Strukturreform mündete im März 2010 in der Berufung des früheren Wasserball-Nationalspielers Michael Ilgner zum nunmehr hauptamtlichen Vorstandvorsitzenden, während K. und von Almsick an die Spitze des Aufsichtsrats wechselten, wo sie 2014 bestätigt wurden. Im Okt. 2010 hatte K. mit Fernseh-Moderator Johannes B. Kerner, Air-Berlin-Chef Joachim Hunold und dem Deutschlandchef der Werbeagentur DDB, Tonio Kröger, die Investorengruppe United Professionals Agency (UPA) gegründet. Nachdem Kritik an möglichen Interessenkonflikten Kerners laut geworden war, zog sich dieser am 15. Okt. 2010 wieder aus der UPA zurück und verkaufte seine Anteile an K., der seine Beteiligungen an Agenturen zur Vermarktung von Sportlern Ende 2011 ebenfalls beendete, weil das mit seinem Aufsichtsratsposten bei der Sporthilfe kollidierte.
10. April 2019: Der Aufsichtsrat der Deutschen Sporthilfe wählt Werner E. Klatten zum vierten Mal in Folge für die nächsten vier Jahre zum Vorsitzenden des Gremiums, Franziska van Almsick wird als eine seiner Stellvertreterinnen bestätigt. An der Spitze des Stiftungsrates folgt Norbert Winkeljohann auf Markus Schächter. In den Stiftungsrat ziehen zudem u. a. Oliver Bäte, Nicola Leibinger-Kammüller, Kasper Rorsted, Britta Seeger, Christian Seifert, Katarina Witt und Carsten Spohr, der bislang im Aufsichtsrat vertreten war, ein. Zu den aus dem Stiftungsrat scheidenden Mitgliedern gehören Herbert Hainer, Timotheus Höttges, Jürgen Hubbert, Dieter Stolte, Jürgen Weber und Dieter Zetsche.
17. September 2021: Christian Seifert wird zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Sporthilfe gewählt. Er tritt das Amt zum 1. Oktober 2021 an und folgt auf Werner E. Klatten an, der den Vorsitz altersbedingt abgibt.
Familie
K. war zweimal verheiratet und hat einen Sohn, Moritz. K. ist Sylt-Liebhaber, fährt Ski, spielt Tennis und Golf. Bruder Jan, ein Unternehmer, ist Gatte der Quandt-Erbin Susanne Klatten. Freunde K.s sind der TV-Moderator Johannes B. Kerner und der Air-Berlin-Chef Joachim Hunold.
Mitgliedschaften
Mitgliedschaften/Ämter u. a.: Aufsichtsrat bei dem russischen Privatsender CTC (ab 6/06), Beiratsvorsitzender der Verlagsgruppe teNeues (ab 6/09), Vorstand Hadassah Deutschland (ab 3/11), Verwaltungsratsvorsitzender der Sportradar AG, St. Gallen (ab 7/12), Kuratoriumsmitglied der Bundesliga-Stiftung.