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MUNZINGER Personen

William Graham

kanadischer Jurist und Politiker; Außenminister (2002-2004); Verteidigungsminister (2004-2006); Liberal Party; Dr. jur.
Geburtstag: 17. März 1939 Montreal
Todestag: 7. August 2022
Nation: Kanada

Internationales Biographisches Archiv 20/2006 vom 20. Mai 2006 (la)
Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW 31/2022


Blick in die Presse

Herkunft

William "Bill" Graham wurde 1939 in Montreal geboren und wuchs in Vancouver auf.

Ausbildung

G. besuchte zunächst das Upper Canada und das Trinity College; danach studierte er Jura an der University of Toronto (B.A. und LL.B.). An der Universität von Paris erlangte er schließlich seinen Doktortitel der Rechtswissenschaften.

Wirken

Nach seinem Studium arbeitete G. in Toronto als Anwalt in der Kanzlei "Fasken&Calvin", wo er sich auf Zivilprozesse und internationale Firmentransaktionen spezialisierte. Außerdem war er Mitglied zahlreicher Aufsichtsräte in öffentlichen und privaten Firmen Kanadas. In der Folgezeit wechselte G. zurück in den akademischen Betrieb und lehrte internationales Handelsrecht, internationales öffentliches Recht sowie die Gesetzgebung der Europäischen Union an der juristischen Fakultät der Universität von Toronto. Dort war er ebenfalls längere Zeit Direktor des Zentrums für Internationale Studien. Des Weiteren war G. Gastprofessor an der McGill University und der University of Montreal.

Nach zwei vergeblichen Anläufen 1984 und 1988 wurde G. bei den Wahlen im Okt. 1993 erstmals ins Unterhaus des kanadischen Parlaments als Repräsentant des Bezirks Toronto Centre-Rosedale gewählt. Von 1995 bis 2002 war er Vorsitzender des Parlamentsausschusses für Außenpolitik und internationalen Handel. Unter seinem Vorsitz legte der Ausschuss wichtige Ausarbeitungen vor u. a. zum Verhältnis Kanadas zur Welthandelsorganisation, zur Rolle Kanadas im Kosovo sowie zur Implementierung von Gesetzen im Hinblick auf den Internationalen Strafgerichtshof. Zudem war er Stellvertreter der parlamentarischen Gesellschaft der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).

Am 15. Jan. 2002 führte der kanadische Premierminister Jean Chrétien (Liberal Party) eine umfassende Regierungsumbildung durch. Zehn Minister wurden neu ernannt, acht entlassen, 13 erhielten neue Aufgaben. Damit trat Chrétien Spekulationen entgegen, vor dem Ende der Wahlperiode im Jahr 2005 seinen Posten aufgeben zu wollen. Der 62-jährige G. wurde zum neuen Außenminister ernannt; sein Vorgänger John Manley, der seit 2000 im Amt war, übernahm die Position des stellvertretenden Premierministers. Die vornehmlichsten Probleme, mit denen sich der neue Minister beschäftigen musste, wurden bestimmt durch den weltweiten Kampf gegen Terrorismus im Anschluss an die Anschläge fundamentalistischer Islamisten auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington vom 11. Sept. 2001. Obwohl G. die speziellen Beziehungen zu den USA bei seiner Amtsübernahme noch explizit betont hatte, kritisierte er US-Präsident George W. Bush, nachdem dieser gedroht hatte, militärisch gegen den Irak vorzugehen (vgl. FAZ, 16.2.2002). Der von den USA ohne UN-Mandat geführte Krieg zum Sturz des irakischen Diktators Saddam Hussein (April 2003) wurde von der kanadischen Regierung nicht unterstützt und sorgte für eine deutliche Abkühlung im Verhältnis zum "Großen Nachbarn". Für zusätzliche Spannungen sorgte auch die kanadische Ablehnung des umstrittenen US-Raketenabwehrsystems (NMD).

Für diesen eigenständigen außenpolitischen Kurs Kanadas stand auch der neue Premierminister Paul Martin, der Chrétien nach einem Machtkampf im Dez. 2003 ablöste und G. als Außenminister bestätigte. Bei der Regierungsneubildung nach den Parlamentswahlen wechselte G. im Juli 2004 ins Verteidigungsressort. Die von Korruptionsskandalen betroffenen Liberalen stellten nach dem Verlust der absoluten Mehrheit allerdings nur noch eine Minderheitsregierung.

Für Aufsehen sorgte G. im Juli 2005 mit seiner Landung auf dem kleinen, zwischen der kanadischen Insel Ellesmere und Grönland gelegenen Eiland Hans, auf das auch Dänemark Anspruch erhob. Zuvor hatten kanadische Soldaten die kanadische Flagge gehisst, wogegen die dänische Regierung protestierte. Beobachter verwiesen in dem Streit auf die wachsende Bedeutung arktischer Wasserwege, wie der Nordwest-Passage, vor dem Hintergrund der globalen Erwärmung.

Ende Nov. 2005 wurde die Regierung Martin durch ein Misstrauensvotum der Opposition gestürzt. Bei vorzeitigen Neuwahlen am 23. Jan. 2006 büßten die Liberalen (30,2 % der Stimmen, 103 von 308 Sitzen) ihre Mehrheit ein. Stärkste Kraft wurde die Konservative Partei (CPC) von Stephen Harper mit 36,3 % und 124 Sitzen. Harper bildete anschließend eine Minderheitsregierung (Amtsantritt: 6.2.2006). Nachfolger G.s als Verteidigungsminister wurde Gordon O'Connor. Der als Abgeordneter für Toronto bestätigte G. wurde Oppositionsführer im Parlament und Interimsvorsitzender seiner Partei (bis Dez. 2006).

Familie

G. starb am 7. Aug. 2022 im Alter von 83 Jahren an Krebs. Er war verheiratet mit seiner Frau Catherine und hatte zwei Kinder, Katherine und Patrick, sowie mehrere Enkelkinder.

Auszeichnungen

Auszeichnungen (u. a.): Als ehemaligem Präsidenten der Alliance française von Toronto macht G. sich ein ums andere Mal verdient um die französische Sprache und Kultur in Ontario. Dafür wurde er geehrt mit dem Jean-Baptiste-Rousseau Preis, der Goldmedaille der Stadt Paris, der Goldmedaille der Alliance française. Er wurde außerdem zum Ritter der Ehrenlegion ernannt sowie mit dem Ordre de la Pléiade ausgezeichnet. In Anerkennung seines Einsatzes für internationale Kooperation wurde an der juristischen Fakultät der Universität von Toronto der William-C.-Graham-Lehrstuhl eingerichtet.

Mitgliedschaften

Mitgliedschaften (u. a.): G. ist Ehrenmitglied des Kanadischen Konzils für Internationales Recht und des Order of Merit der Assoziation französisch-sprechender Juristen Ontarios.



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