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Wissen, das zählt.


MUNZINGER Personen
Xi Jinping

Xi Jinping

chinesischer Politiker; Staatspräsident und KP-Generalsekretär
Geburtstag: 15. Juni 1953 Fuping (n.a.A. 1. Juni 1953 Fuping)
Nation: China, Volksrepublik

Internationales Biographisches Archiv 44/2022 vom 1. November 2022 (la)
Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW 14/2025


Wichtige Stationen im Überblick

1975 - 1979 Studium der Chemie
  Besuch eines berufsbegleitenden Studiengangs am Institut für Sozialwissenschaften; Doktorgrad in Rechtswissenschaften
1983 - 1985 Parteisekretär der Kreisstadt Zhengding in der Provinz Hebei
ab 1997 Mitglied des Zentralkomitees (ZK)
1999 - 2002 Gouverneur der Provinz Fujian
2002 - 2003 Gouverneur der Provinz Zhejiang
2002 - 2007 KP-Sekretär der Provinz Zhejiang
10.2007 Wahl in den Ständigen Ausschuss des Politbüros
10.2007 Wahl in das Sekretariat des Zentralkomitees
03.2008 - 2013 Vizepräsident
18.10.2010 - 15.11.2012 Vize-Vorsitzender der Militärkommission
11.2012 Wahl zum Generalsekretär des ZK der KPCh und Vorsitzenden der Zentralen Militärkommission
ab 03.2013 Staatspräsident
03.2014 Besuch der EU in Brüssel als erster chinesischer Staatspräsident
01.07.2015 Gesetz zum Schutz der Nationalen Sicherheit
12.2015 Klimaschutzvertrag von Paris
  Richtlinien zur Nutzung des Internets, Beschränkung der Pressefreiheit, Gleichschaltung der Universitäten
10.2017 Wiederwahl als Generalsekretär der KP
03.2018 Wiederwahl als Staatspräsident
03.2018 Nationaler Volkskongress hebt Amtszeitbegrenzung für den Staatspräsidenten auf
  Handelskonflikt mit den USA
2019 Enthüllungen über Zwangsinternierungen und Gehirnwäsche in Xinjiang
12.2019 Ausbruch der Coronavirus-Pandemie in Wuhan
2022 Wirtschaftseinbruch durch fortgesetzte "Null-Covid"-Strategie
02.2022 Rhetorischer Schulterschluss mit Russland nach Angriff auf Ukraine
08.2022 Militärmanöver vor Taiwan als Machtdemonstration
10.2022 Bestätigung als KP-Generalsekretär (3. Amtszeit)

Blick in die Presse

Herkunft

Xi Jinping wurde am 15. Juni 1953 (n. a. A. 1. Juni 1953) in Fuping in der armen nord-westlichen Kohleprovinz Shaanxi geboren. Sein Vater Xi Zhongxun (1913-2002) zählte zur "ersten Generation" der kommunistischen Bewegung Chinas. Seit 1928 Mitglied der Kommunistischen Partei (KPCh; engl. CPC), unterstützte er Mao Tse-tung bei der Flucht vor den Nationalisten ("Langer Marsch" 1934/1935) und war 1959-1962 Vizepremierminister. Weil Mao ihn für illoyal hielt, fiel er während der Kulturrevolution (1966-1976) in Ungnade. Nach der Rehabilitierung 1978 arbeitete sich X.s Vater bis ins Politbüro unter Deng Xiaoping hoch (1982-1988) und wirkte am Aufbau erster Sonderwirtschaftszonen mit. X. hat drei Geschwister: Xi Qiaoqiao, Xi An’an und Xi Yuanping.

Ausbildung

Als "Jugendlicher mit Schulbildung" wurde X. 1969 während der Kulturrevolution für sechs Jahre zur Feldarbeit aufs Land geschickt und lebte zeitweise in einer Höhle. Er arbeitete sich zum Parteizellen-Chef seiner Arbeitsgruppe hoch, die ihn für ein Studium empfahl. 1975-1979 studierte er an der Fakultät für Chemische Industrie der Elite-Universität Tsinghua in Peking und legte ein Ingenieurdiplom ab. Später besuchte er an der Tsinghua-Universität berufsbegleitend einen Studiengang am Institut für Sozialwissenschaften, studierte Marxismus und ideologische Erziehung und erhielt einen Doktorgrad in Rechtswissenschaften.

Wirken

Politische AnfängeSeit 1974 KP-Mitglied, arbeitete X. nach dem Chemie-Studium bis 1982 als Sekretär des Zentralbüros des Staatsrats und des Zentralbüros der Militärkommission beim Zentralkomitee (ZK). Danach war er drei Jahre Parteisekretär der Kreisstadt Zhengding in der Provinz Hebei. Ab 1985 stieg X. in der Ostküstenprovinz Fujian, wo die Führung wegen Korruption ausgetauscht worden war, vom stellv. Bürgermeister der Stadt Xiamen bis zum Gouverneur (1999) auf. Er profilierte sich als dynamischer, pragmatischer Chef und warb erfolgreich taiwanesische Investoren an. Ab 1997 gehörte er dem KP-Zentralkomitee an.

Gouverneursämter - Parteichef in Schanghai2002 wechselte X. als Parteisekretär in die Nachbarprovinz Zhejiang und machte diese zu einer der wirtschaftlich führenden Provinzen Chinas. Er galt als "loyaler, effizienter und lösungsorientierter Technokrat" (NZZ, 19.10.2010) und bewährte sich als KP-Krisenmanager. X. zählte zur "Prinzen-Fraktion" (Kinder alter Parteiveteranen) und zur sog. fünften Generation der Volksrepublik China, die mehr von Wirtschaftsreformen als von den Wirren unter Mao Tse-tung geprägt war.

Als 2007 in Schanghai, wo der ehemalige Staats- und Parteichef Jiang Zemin immer noch Einfluss hatte, nach einem Korruptionsskandal die gesamte Parteiführung gehen musste, holte man X. als Parteisekretär dorthin. Er genoss das Vertrauen Jiang Zemins.

Vizepräsident und "Kronprinz"Im Vorfeld des Parteitags der KP im Okt. 2007 stieg X. zum Mitglied im neunköpfigen Ständigen Ausschuss des Politbüros der KP auf, dem höchsten Machtgremium in der Volksrepublik, und wurde ins Sekretariat des ZK gewählt. Außerdem übertrug man ihm den Vorsitz der Zentralen Parteischule sowie die Organisation der Olympischen Spiele 2008 in Peking. Auch die Pflege der komplizierten Beziehungen zur Sonderverwaltungsregion Hongkong oblag ihm. Im März 2008 wurde er mit 98,5 % zum Vizepräsidenten und damit zum potenziellen Nachfolger von Staatspräsident Hu Jintao gewählt. X. galt als Kompromisskandidat der beiden Machtflügel innerhalb der Partei. Ab 2009 hatte er als Sonderbeauftragter für den sozialen Frieden die undankbare Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sich die nach der internationalen Finanzkrise auch auf China übergreifenden wirtschaftlichen Probleme und wachsende Ungleichheit nicht zu gesellschaftlichen Verwerfungen oder politischen Bedrohungen auswachsen würden. Im Okt. 2010 wurde X. zum Vize-Vorsitzenden der wichtigen Militärkommission gewählt. Beobachter sahen in ihm eine der treibenden Kräfte hinter Pekings Kampagnen gegen Kritiker und gegen Informationsfreiheit, mit denen die chinesischen Kommunisten angesichts des "Arabischen Frühlings" im Nahen Osten (2011) Protestbewegungen im eigenen Land zu verhindern versuchten.

Aufstieg an die Partei- und Staatsspitze 2012/2013Beim Parteitag im Nov. 2012 wurde X. als Nachfolger von Hu Jintao zum Generalsekretär des ZK der KPCh und zum Vorsitzenden der Zentralen Militärkommission beim ZK gewählt. Vizepremier Li Keqiang wurde "Nummer zwei" im neuen Ständigen Ausschuss des Politbüros. Der Führungswechsel wurde bei der Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses (NVK) im März 2013 planungsgemäß mit X.s Wahl zum Staatspräsidenten und derjenigen Li's zum Premierminister abgeschlossen.

Erste AuslandskontakteZu seinem ersten Auslandsbesuch als Staatschef reiste X. nach Russland (5/2013), wo er ein Abkommen über den Kauf von Kampfflugzeugen und U-Booten unterzeichnete. Es folgte eine Reise in die USA (6/2013), zu denen die Beziehung u. a. belastet war durch Vorwürfe wegen Cyber-Spionage und Diebstahl geistigen Eigentums. Als erster chinesischer Staatspräsident besuchte X. die Europäische Union in Brüssel (3/2014) und traf auch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen, die China als künftig wichtigsten Handelspartner Deutschlands einstufte. Als er kurz darauf den wegen der Annektion der Krim von der Ukraine international kritisierten russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin empfing und ein Abkommen über russische Gaslieferungen im Wert von 400 Mrd. US$ unterschrieb, sagten ihm Beobachter eine "Schaukelpolitik" zwischen Russland und Europa nach, "um jeweils den maximalen Vorteil für sich herauszuschlagen" (SZ, 20.5.2014).

Konsolidierung der Macht 2017/2018Auf dem XIX. Parteitag der KPCh im Okt. 2017 erfolgte X.s unangefochtene Bestätigung als Generalsekretär für eine weitere fünfjährige Amtszeit an der Spitze der mit 90 Mio. Mitgliedern weltweit größten Parteiorganisation. Im siebenköpfigen Ständigen Ausschuss des Politbüros behielt neben X. nur Premier Li Keqiang seinen Posten: Dafür ernannte X. fünf neue Vertraute und Gefolgsleute ("Nur Xis engste Freunde kommen ganz nach oben" WELT, 26.10.2017), unter denen sich allerdings kein "Kronprinz" befand, entgegen der seit Deng Xiaoping gepflegten Parteitradition, nach der ersten Amtszeit des KP-Chefs einen potenziellen Nachfolger in Position zu bringen. Gleichzeitig wurde das sog. "Xi-Jinping-Denken" über einen "Sozialismus chinesischer Prägung in der neuen Ära" in die Parteistatuten aufgenommen, eine Ehre, die zuvor nur dem "Großen Vorsitzenden" Mao Tse-tung und Deng zuteil geworden war.

Als der NVK im März 2018 mit der "Wiederwahl" von X. als Staatsoberhaupt die seit 1982 in der Verfassung verankerte Begrenzung der präsidialen Amtszeit auf zwei aufeinanderfolgende Perioden ersatzlos strich, galt dies als weiterer Beleg für die Festigung von X.s Position als mächtigster Staats- und Parteichef seit Jahrzehnten. Es war X. nun theoretisch möglich, über das Jahr 2023 unbegrenzt im Amt zu bleiben. Niemand zweifle mehr an X.s "unbedingtem Machtwillen und seiner Durchsetzungskraft", hieß es im Handelsblatt (15.12.2017; vgl. auch ZEIT, 19.10.2017: "Größter Vorsitzender", SPIEGEL 42/2017: "Chinas Macht-Maschine").

In seiner Rede zum 40. Jahrestag der wirtschaftlichen Reform- und Öffnungspolitik beschwor X. im Dez. 2018 die Führungsrolle der KPCh und ihre marxistischen Leitlinien. Die absolute Parteiherrschaft sei unverzichtbar und die "größte Stärke des Systems". Bereits 2013 hatte er grundlegenden politischen Reformen eine Absage erteilt. Als negatives Beispiel hierfür galt X. der Zerfall der Sowjetunion (vgl. FAZ, 28.12.2021: "China hält weiter zu Stalin").

Menschenrechte und MinderheitenpolitikX. ließ dabei rigoros gegen Tendenzen nach mehr Selbstbestimmung vorgehen, wie etwa im Fall der muslimischen Minderheit der Uiguren (rd. 12 Mio.) und anderer muslimischer Turkvölker in der nordwestlichen Provinz Xinjiang. Während Menschenrechtsorganisationen und die Uiguren selbst ihre kulturelle und religiöse Unterdrückung beklagten, warf Peking diesen Separatismus und Terrorismus vor. Nach gewaltsamen Protesten mit über 200 Todesopfern 2009 und der Zunahme extremistischer Aktivitäten von Uiguren infolge staatlicher Repressionen - 2014 töteten uigurische Separatisten bei einem Messerattentat in Kunming (Hauptstadt der Provinz Yunnan) 29 Menschen - wurden seit 2018 Hunderttausende Uiguren ohne juristische Verfahren in Umerziehungslagern (offiziell als "Berufsbildungseinrichtungen" bezeichnet) interniert. Ehemalige Häftlinge berichteten von Folter und Gehirnwäsche in den Lagern, dazu kamen Berichte über Zwangsarbeit bei der Baumwollernte und in der Textilindustrie (vgl. NZZ, 19.11.2019: "Sperrt jeden ein, der eingesperrt gehört"). Schließlich sprach die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Michelle Bachelet in ihrem im Aug. 2022 - nach einer Reise im Juni und langer Verzögerung - veröffentlichten Bericht von möglichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Regierung wies die Anschuldigungen als "westliche Propaganda" zurück.

Zu den "sensiblen" Themen zählt auch die Menschenrechtslage im Autonomen, 1951 besetzten Gebiet Tibet, wo der chinesischen Regierung gleichfalls die Unterdrückung von Kultur und Religion und die Verfolgung buddhistischer Mönche und Nonnen vorgeworfen wurde. Das Oberhaupt des tibetanischen Buddhismus, der 14. Dalai Lama war schon 1959 nach Indien geflohen, wo er eine Exilregierung gründete. Zum 70. Jahrestag der sog. "friedlichen Befreiung" reiste mit X. im Juli 2021 erstmals nach 30 Jahren wieder ein chinesischer Staats- und Parteichef nach Tibet.

Medienzensur und ideologische GleichschaltungDer Machtanspruch der sich ausschließlich selbst kontrollierenden KPCh stand auch einer unabhängigen Justiz sowie einer freien Presse und Meinungsfreiheit diametral entgegen. So ließ Staats- und Parteichef X. mithilfe modernster Technologie die umfassende Kontrolle der Partei über Nachrichten und Informationen weiter ausbauen. Dies zeigte sich etwa in einer verschärften Internet-Zensur im Bereich der sozialen Netzwerke (Facebook, Twitter), die Bürgern erstmals eine Plattform für ihre Kritik an gesellschaftlichen und politischen Missständen boten (vgl. SZ, 7.6.2013). Im Sept. 2013 wurden neue Richtlinien zur Nutzung sozialer Netzwerke erlassen, die das Verbreiten von "Gerüchten und Verleumdungen" unter Strafe stellen. Ab Ende 2014 wurden kritische Hochschullehrer entlassen oder zu mehrmonatigen Marxismus-Schulungen "verdonnert" und durften keine "westlichen Werte" mehr unterrichten. Die ideologische Gleichschaltung der Universitäten erinnerte nach Einschätzung von Beobachtern bedenklich an die Anfänge der Kulturrevolution.

Weitere Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit brachte 2015 ein Gesetz zum Schutz der Nationalen Sicherheit. Chinesischen Journalisten wurde verboten, Informationen an ausländische Medien weiterzugeben oder sie über private Kanäle wie Blogs zu veröffentlichen. Vom Staatsfernsehen und den Medien verlangte X. die Verbreitung von "positiven Informationen" und die Einhaltung der "politisch korrekten Richtung" ("Erzählt Chinas Geschichten gut"; SPIEGEL, 24/2019). Ein weiteres Gesetz für Cybersicherheit verschaffte den Behörden 2016 weitreichende Zugriffsmöglichkeiten auf Daten auch ausländischer Unternehmen bzw. Anbieter sog. "kritischer Infrastrukturen". Und im Jan. 2017 trat ein "Gesetz zur Verwaltung der Aktivitäten ausländischer NGOs" in der VR China in Kraft. Als weiteren Schritt hin zu einer Ausweitung der staatlichen Überwachung der Bevölkerung in allen Lebensbereichen werteten Kritiker auch die sukzessive Einführung eines landesweiten digitalen Überwachungs- und Sozialkreditsystems ("Social Scoring") mittels Erfassung persönlicher Profile und biometrischer Daten (Spracherkennung, Haltungs- und Gesichtserkennung; vgl. u. a. taz.de, 10.2.2018: "Im Reich der überwachten Schritte"). Im Okt. 2021 untersagte die Regierung jede private Beteiligung an chinesischen Medien. Diesbezüglich besonders aktiv war der Alibaba-Konzern des Internetpioniers und Investors Jack Ma, der gedrängt wurde, sich von seinen Medienbeteiligungen zu trennen.

X. selbst wird seit 2013 von der Organisation "Reporter ohne Grenzen" (RSF) auf der Liste der weltweit größten "Feindinnen und Feinden der Pressefreiheit" geführt, die in besonders drastischer Weise die rücksichtslose Unterdrückung der Pressefreiheit verkörpern. In der RSF-Rangliste zur Pressefreiheit belegte die VR China 2022 Rang 175 von 180 erfassten Staaten.

Kampagne gegen Korruption und RegimekritikerIntern festigte X. seine Macht auch mit einer Antikorruptionskampagne, die er zu Beginn seiner Amtszeit ganz oben auf seine Agenda setzte. Er verkündete, weder "Fliegen noch Tiger" (TA, 23.1.2013) verschonen zu wollen und setzte mit Entlassungen, Verhaftungen und Verurteilungen einst hochrangiger Kader deutliche Signale gegen Vetternwirtschaft und Bereicherung im Parteiapparat. Die prominentesten waren Liu Tienan, Vizeminister und stellv. Leiter der mächtigen Energie- und Reformkommission, Liu Zhijun, "Vater" der chinesischen Hochgeschwindigkeitszüge, Bo Xilai, Ex-Parteichef der 30-Mio.-Stadt Chongqing sowie Zhou Yongkang, Ex-Sicherheitschef und Mitglied im Ständigen Ausschuss des KP-Politbüros. Verurteilt wurden im März 2019 auch der einst mächtige Direktor der nationalen Internetbehörde, Lu Wei, sowie im Sept. 2020 der bekannte, aus einer einflussreichen KP-Familie stammende Regierungskritiker Ren Zhiqiang, der sich im März 2020 vor dem Hintergrund der Coronavirus-Pandemie (s. u.) sehr kritisch und abwertend über X. geäußert hatte. Insgesamt wurden bei der Kampagne weit über eine Mio. Beamte und Politiker ihrer Ämter enthoben und bestraft, darunter Hunderte hochrangige KP-Funktionäre. Ein Auge zugedrückt wurde dagegen bei der Verwicklung von Familienangehörigen der chinesischen Elite, zu der auch X.s Schwager zählte, in Geschäfte mit obskuren Off-Shore-Firmen in Steueroasen. Beobachter sahen in dem Vorgehen auch die Möglichkeit für X., unliebsame Gegner aus dem Weg zu räumen und so seine Position zu festigen (vgl. FAZ, 23.9.2020).

So wurde etwa im Aug. 2020 die fr. Professorin Cai Xia nach einem verbalen Angriff auf X. aus der Partei ausgeschlossen. Sie hatte den Staats- und Parteichef einen "Mafiaboss" genannt und ihn dafür kritisiert, dass er die Begrenzung seiner Amtszeit außer Kraft gesetzt hatte. Repressionen ausgesetzt sahen sich Regimekritiker wie der international bekannte Künstler Ai Weiwei (2015 Ausreise nach Deutschland) oder der bis kurz vor seinem Tod 2017 inhaftierte Bürgerrechtler und Friedensnobelpreisträger von 2010, Liu Xiaobo.

Ökologische HerausforderungenDie lange Zeit rasant wachsende Wirtschaft hatte auch Folgen für die Urbanisierung. 2015 gab es in China bereits 15 Megastädte mit mehr als 10 Mio. Einwohnern, die mit Problemen wie Verkehrskollaps, schlechter Luft- und Wasserqualität oder maroder Bausubstanz zu kämpfen hatten. Ein großes Problem war die Umweltverschmutzung in weiten Teilen des Landes. So befanden sich 2007 laut einem Weltbank-Bericht 16 der 20 weltweit am meisten verschmutzten Städte in der Volksrepublik. Über zwei Drittel aller Gewässer galten als mit Chemikalien und Fäkalien verseucht. In ländlichen Regionen trugen Bergbau und die Landwirtschaft mit steigenden Vieh- und Geflügelbeständen erheblich zur Verschärfung der Wasser- und Bodenverschmutzung bei. Im Jan. 2015 trat ein verschärftes Umweltschutzgesetz in Kraft. Trotz erster Erfolge und teils drastischer Maßnahmen (Kohle-Heizverbote, Fabrikschließungen) mussten die Behörden Ende 2015 und Ende 2016 wegen extremer Feinstaubwerte (Smog) für Beijing aber die höchste Gefahrenstufe ausrufen. 2018 starben rd. eine Mio. Menschen an den Folgen von Luftverschmutzung.

KlimaschutzpolitikAls CO2-intensivste Volkswirtschaft trägt die VR China große Verantwortung für den Klimawandel. Große Hoffnungen auf substanzielle Fortschritte im Kampf gegen die Erderwärmung verbanden sich mit einem bilateralen Klimaabkommen Chinas mit den USA im Nov. 2014, mit dem sich die beiden weltgrößten CO2-Emittenten auf verbindliche Klimaziele und Emissionsbegrenzungen einigten. Auf dieses Abkommen folgte der im Dez. 2015 verabschiedete, weltweit als Meilenstein begrüßte Klimaschutzvertrag von Paris, der im Sept. 2016 von den USA und China ratifiziert wurde. Im Sept. 2020 bekräftigte X., dass China sich zu Maßnahmen verpflichte, welche die globale Temperaturerhöhung auf einen Wert zwischen 1,5 und 2 Grad begrenzen sollen, um bis spätestens 2060 Klimaneutralität zu erreichen. Im März 2021 bekannte sich die Regierung zu einem grünen Wachstumsmodel. So werde man die Abhängigkeit von Kohlestrom schrittweise reduzieren und den Anteil nichtfossiler Energiequellen (Solar, Wind) bis 2025 auf ein Fünftel steigern. Im Sept. 2021 verkündete X., dass sein Land die "Unterstützung anderer Entwicklungsländer bei der Entwicklung grüner und kohlenstoffarmer Energie verstärken und keine neuen Kohlekraftwerke im Ausland mehr bauen" werde (vgl. FAS, 11.10.2020: "Auf dem Weg zur Öko-Supermacht").

Immer häufiger und länger auftretende Dürre- und Hitzeperioden bei steigender Hochwassergefahr zeigten die Dringlichkeit entsprechender Maßnahmen. So führte der heißeste und trockenste Sommer 2022 (seit Beginn der Aufzeichnungen 1961) u. a. in der Provinz Sichuan zu extremer Wasser- und Stromknappheit mit der Folge massiver Beeinträchtigungen in der Landwirtschaft sowie zeitweisem Produktionsstopp in anderen Wirtschaftszweigen.

Gesellschaft und Soziales2016 verabschiedete sich die Volksrepublik von dem umstrittenen, 1979/1980 eingeführten strengen Geburtenkontrollsystem der "Ein-Kind-Politik". Angesichts weiter sinkender Geburtenraten (2019 und 2020 niedrigster Stand seit Gründung der VR 1949) und einer Überalterung der Gesellschaft wurde 2021 die Begrenzung der Kinderzahl für Ehepaare auf drei angehoben. Das KP-Politbüro wies zudem darauf hin, dass es Verbesserungen bei Mutterschaftsurlaub sowie in der Steuer- und Wohnraumpolitik geben müsse, um die Rechte arbeitender Frauen zu schützen. Zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie wurde auch der Ausbau von Kinderkrippen und Kindergärten propagiert.

Große Erfolge nahm die Partei- und Staatsführung bei der Armutsbekämpfung für sich in Anspruch. Nachdem die Armutsquote bei X.s Amtsantritt 2012 noch bei rd. 7 % gelegen hatte, erklärte X. im Febr. 2021 die Armut für besiegt, 99 Mio. Menschen seien in den vergangenen zehn Jahren über die Armutsgrenze (Tageseinkommen von 2,30 US$) gehoben worden (vgl. FAZ, 6.3.2021). Als prekär gilt allerdings weiter die Lage von Arbeitsmigranten bzw. Wanderarbeitern (2019 auf gut 290 Mio. Menschen geschätzt), die aus Chinas Agrarregionen auf die städtischen Arbeitsmärkte drängen, unter geringen Löhnen, eingeschränkten Rechten und der Trennung von ihren Familien leiden und zudem besonders stark von konjunkturellen Schwankungen (z.B. in der Corona-Krise ab 2020, s. u.) betroffen sind. Dazu stellt das Wohlstandsgefälle und die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich ein großes gesellschaftliches Problem dar. Vor diesem Hintergrund kündigte X. im Aug. 2021 einen wirtschaftspolitischen Kurswechsel mit einer umfassenden Umverteilungspolitik an (vgl. SZ, 2.9.2021: "Aufräumen, umverteilen, Wohlstand verbreitern"; SPIEGEL, 25.9.2021: "Chinas zweite Konterrevolution").

Strategie "China 2025" - Neue SeidenstraßeMit dem "Xi-Jinping-Denken" (s.o.) verband sich der Anspruch und das (2017) erklärte Ziel, die VR China bis zum 100-jährigen Bestehen 2049 von einer Großmacht zu einer wirtschaftlichen, technologischen und militärischen Supermacht zu entwickeln. Als erster Schritt in diese Richtung galt der von Premier Li im Mai 2015 vorgestellte industrielle Masterplan "Made in China 2025" für den Ausbau von Unternehmen in der High-Tech- und Digitalbranche zu Weltmarktführern.

Als wirtschafts- und geostrategisches Schlüssel- und Prestigeprojekt initiierte X. zuvor im Herbst 2013 die sog. "Seidenstraßen-Initiative" (Kampagnenname "Belt and Road Initiative"; BRI), die den gesamten eurasischen Kontinent zu einem Wirtschaftsraum unter chinesischer Führung verbinden soll. Neben einem Netz von reaktivierten Handelswegen bis in den Mittelmeerraum bzw. Europa sollte eine "maritime Seidenstraße" Südchina auf dem Seeweg über Südasien mit Afrika verbinden und über das Rote Meer bis zum Mittelmeer reichen. Außenpolitischen Einfluss sowie Loyalität und Zugang zu Rohstoffen sicherte sich China auch mit Wirtschaftsabkommen und Milliardenkrediten für Schwellen- und Entwicklungsländer in Asien, Afrika und Lateinamerika. Mit Pakistan schloss X. im April 2015 Verträge über Infrastruktur-Investitionen im Umfang von über 60 Mrd. US$, die insbesondere in die Errichtung eines 3.000 Kilometer langen Wirtschaftskorridors (CPEC) fließen sollten, mit dem Ziel, die nordwestchinesische Provinz Xinjiang über ein Straßen- und Schienennetz mit dem pakistanischen Hafen Gwadar am Indischen Ozean zu verbinden. In Afrika investierte China u. a. in Angola zweistellige Milliardensummen und vergab zinsgünstige Kredite, die das Land mit Erdöl zurückzahlte. Dass die Volksrepublik mit dem riesigen, insgesamt über 1 Billion US$ schweren Infrastrukturprogramm (über 900 BRI-Projekte) nicht nur "Wohlstand und Handel für alle", sondern eine Festigung ihres Einflusses über Zentralasien nach Osteuropa und über Südasien bis nach Afrika anstrebte, stieß allerdings auch auf Widerstände in einzelnen betroffenen Ländern. Kritiker befürchteten mit deren zunehmender Verschuldung eine große Abhängigkeit von Peking (vgl. ZENITH, 2/2018: "Halbseidenstraße").

Die weltweit größte Freihandelszone unter Führung der VR China sollte mit der im Nov. 2020 auf Initiative Beijings gegründeten asiatisch-pazifischen Wirtschaftspartnerschaft RCEP (Regional Comprehensive Economic Partnership) entstehen.

Hongkong-Politik1997 war die Rückgabe der britischen Kronkolonie Hongkong an die VR China als chinesische Sonderverwaltungszone erfolgt. Unter dem Slogan "Ein Land, zwei Systeme" versprach die kommunistische Partei, den Autonomiestatus der Stadt mindestens 50 Jahre lang zu wahren. Entgegen dieses Versprechens baute Beijing allerdings im Lauf der Jahre mit zunehmenden politischen Einschränkungen (z.B. Wahlgesetze) seinen Einfluss in der Sieben-Millionen-Metropole immer mehr aus. Ab 2014 kam es vor diesem Hintergrund mit der sog. "Regenschirm-Revolution" immer wieder zu pro-demokratischen Massenprotesten, die 2019 ihren Höhepunkt erreichten. Die Regierung in Beijing reagierte darauf im Mai 2020 mit der Verabschiedung eines Sicherheitsgesetzes, das "Separatismus, Subversion, Terrorismus und Kollaboration mit ausländischen Mächten" unter Strafe stellte. Spätestens mit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Juli galt die Demokratiebewegung als zerschlagen, Aktivisten wie der Studentenführer Joshua Wong waren inhaftiert oder setzten sich ins Ausland ab. Anlässlich der Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag der Rückgabe reiste X. im Juli 2021 nach Hongkong. Das harte Vorgehen gegen die Kritiker und die faktische Wiederangliederung Hongkongs an das Festland wertete er als großen Erfolg. Parallel dazu trat der von Beijing auserwählte, als Hardliner geltende neue Regierungschef John Lee (Nachfolger von Carrie Lam) sein Amt an.

Taiwan-KonfliktGroßes Konfliktpotenzial besitzt das Verhältnis zu der vom kommunistischen Festlandchina als abtrünnige Provinz betrachteten Inselrepublik Taiwan mit ihren 23 Mio. Einwohnern. 2005 bekräftigte die VR China durch ein Antisezessionsgesetz ihre Bereitschaft, auch militärische Mittel einzusetzen, um die nationale Einheit zu verteidigen und einer formalen Unabhängigkeitserklärung Taiwans zu begegnen. Dennoch bemühten sich beide Seiten in den 2000er Jahren u. a. mit Kontakten auf politischer Ebene, Reiseerleichterungen und Wirtschaftsabkommen um einen Abbau der Spannungen, ebenso wie zunächst auch X. nach seinem Amtsantritt. Nach einem bilateralen Treffen auf Ministerebene im Febr. 2014 (das erste seit Ende des chinesischen Bürgerkriegs 1949) gipfelte die auf eine stärkere Kooperation orientierte Politik im Nov. 2015 im ersten (informellen) Treffen der Staatsoberhäupter X. und Taiwans Ma Ying-jeou in Singapur.

Die Lage änderte sich ab 2016 nach dem Amtsantritt der neuen taiwanesischen, Beijing-kritischen StaatspräsidentinTsai Ing-wen. Deren Unabhängigkeitskurs sorgte in der Folgezeit für scharfe verbale Reaktionen von Seiten der VR. Im Mai 2020 etwa sprach Ministerpräsident Li Keqiang vom Ziel der "Wiedervereinigung", ohne wie bisher üblich das Adjektiv "friedlich" davorzusetzen. Im Aug. 2022 spitzte sich der Konflikt vorübergehend zu, als die VR mit einem großangelegten Militärmanöver in der Meerenge vor Taiwan auf den als "Provokation" betrachteten Taiwan-Besuch der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, reagierte. Die militärische Drohkulisse schürte die Furcht vor einer Invasion, nicht zuletzt deshalb, weil X. wiederholt den Einsatz von Gewalt nicht ausschloss, und die Sorge bestand, dass ihm der russische Angriff auf die Ukraine (s. u.) als Vorbild dienen könnte.

Darüber hinaus boten territoriale Ansprüche der VR China im Ost- und Südchinesischen Meer Konfliktstoff mit einer Reihe von Nachbarländern (u. a. Streit mit Japan um Senkaku-Inseln sowie mit den Philippinen um Spratly-Inseln).

Verhältnis zu den USADie Beziehungen der Volksrepublik zu den USA waren neben der Entwicklung in Hongkong und der Menschenrechtsthematik (Xinjiang) schon lange durch die Taiwan-Frage belastet, zuletzt noch verschärft durch die klare Zusicherung von US-Präsident Joe Biden nach dem Pelosi-Solidaritätsbesuch, Taiwan für den Fall eines chinesischen Angriffs militärischen Beistand zu leisten. Die Gegensätze und Meinungsverschiedenheiten waren in einem ersten Austausch zwischen X. und Biden nach dessen Amtsantritt Anfang 2021 deutlich zur Sprache gekommen.

Dazu sorgte ein im Sommer 2018 zwischenzeitlich eskalierter Handelskonflikt mit den USA für anhaltende bilaterale Spannungen. Dabei hatte der Biden-Vorgänger Donald Trump unter dem Vorwurf unfairer Handelspraktiken, Dumpingpreisen und Technologiediebstahl Strafzölle gegen chinesische Importe in dreistelliger Milliardenhöhe verhängt. Peking warf Washington daraufhin Protektionismus vor und verhängte seinerseits Zölle auf die Einfuhr von US-Produkten. Andererseits beklagten auch die EU und die OECD den weiterhin erschwerten Zugang ausländischer Firmen und Investoren zum chinesischen Markt, entgegen der Bekenntnisse der Führung um X. Kaum eine Volkswirtschaft schotte sich "so systematisch" ab wie China, im Kern lasse sich X.s Politik "jenseits der schönen Worte" auf die (an den Slogan Trumps angelehnte) Formel "Make China great again" bringen, urteilte die Süddeutsche Zeitung (5.11.2018). Zu einer vorsichtigen Annäherung im US-chinesischen Handelsstreit kam es im Jan. 2020 mit der Unterzeichnung eines Teilabkommens und dem beiderseitigen Verzicht zumindest auf weitere Zollerhöhungen. Zu neuen Spannungen kam es nach Ausbruch der Coronavirus-Pandemie 2020, für die Trump mehrfach die VR verantwortlich machte, als er von einem "chinesischen Virus" sprach.

COVID-PandemieEnde 2019 war die VR China Ausgangspunkt der globalen COVID-19-Pandemie. Als Ursache der bis dahin unbekannten Lungenkrankheit identifizierten chinesische Experten am 7. Jan. 2020 ein neuartiges, hochansteckendes Coronavirus (SARS-CoV-2), das sich von der zentralchinesischen Millionenstadt Wuhan (Provinz Hubei) aus ausbreitete (erster gemeldeter Fall am 1. Dez. 2019). Kurz nach dem ersten Todesfall verhängten die Behörden Ende Jan. 2020 über Wuhan und Hubei (betroffen waren damit rd. 50 Mio. Menschen) für über zehn bzw. acht Wochen eine strikte Quarantäne. Diese als "Null-Covid"-Strategie bezeichneten rigiden Lockdown- und Abriegelungsmaßnahmen mit Massentests, intensiver digitaler Überwachung (Tracking App) und einer Abschottung des Landes nach außen führten ab Mitte 2020 zu einem weitgehenden Abebben des Infektionsgeschehens.

Doch spätestens mit Auftauchen der hoch ansteckenden, sog. Omikron-Variante des Coronavirus Anfang 2022 stieß die Regierung mit ihrem Krisenmanagement an Grenzen. Die konsequente Eindämmungspolitik mit monatelangen strikten Ausgangssperren für Millionenstädte, wie etwa im April/Mai 2022 in der Wirtschaftsmetropole Schanghai oder später in Shenzhen und Chengdu, selbst bei kleinsten Corona-Ausbrüchen sorgte neben den enormen ökonomischen Schäden (s. u.) für zunehmende Verdrossenheit in der Bevölkerung.

Eine große Rolle bei der Null-Covid-Politik spielte auch die geringe Impfrate, die wiederum damit zusammen hing, dass keine mRNA-Impfstoffe westlicher Hersteller zugelassen wurden. Dazu fanden in China entwickelte Vakzine der Hersteller Sinopharm und Sinovac zuerst in anderen Ländern (z.B. Bahrain, VAE) Verwendung.

Wirtschaft in der Corona-KriseDer mehrwöchige, weitreichende Stillstand des öffentlichen Lebens infolge der Coronavirus-Pandemie traf die (seit 2010) nach den USA zweitgrößte Volkswirtschaft zunächst hart. So sank das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal 2020 im Vorjahresvergleich um 6,8 %. Mit der Lockerung der harten Auflagen ab dem Frühjahr 2020 kam es zu einer vorübergehenden Erholung, Handel und Produktion zogen wieder an. So kam China mit einem BIP-Wachstum von 2,3 % im Gegensatz zu den USA und europäischen Ländern gut durch das erste Pandemie-Jahr 2020.

Galt die "Null-Covid"-Strategie lange Zeit als Erfolgsrezept, wofür sich X. feiern ließ (vgl. FAZ, 9.9.2020: "Retter vor dem Virus", SZ, 31.12.2020: "Das Jahr des Xi"), so sorgten die rigiden Einschränkungen und der andauernde Corona-Krisenmodus seit dem Frühjahr 2022 (s.o.) für einen wirtschaftlichen Einbruch und sich verschlechternde Konjunkturaussichten. Dazu kam ein Ende des Baubooms, verknüpft mit einer Immobilienkrise um den hochverschuldeten Bauträger Evergrande, dem die Finanzaufseher 2021 den Zugang zu neuen Krediten erschwerten. Die angespannte Wirtschaftslage besaß gleichzeitig große soziale Sprengkraft, auch wegen einer auf bis zu 20 % ansteigenden, historisch hohen Jugendarbeitslosigkeit. Nicht zuletzt verursachte die chinesische Lockdown-Politik gewaltige Verwerfungen bei den globalen Lieferketten, wovon auch die westliche Wirtschaft vor dem Hintergrund des Ukrainekrieges (s. u.) zu einem empfindlichen Zeitpunkt getroffen wurde. Angesichts der Handelshemmnisse sahen Beobachter jedenfalls die Stärke der chinesischen (Export-)Wirtschaft nach jahrzehntelangem Wachstum - der globale Anteil der VR China am Weltexport wuchs 2000-2020 um über 11% - auf dem Prüfstand. Große Hoffnungen setzte Beijing allerdings in seine Hochtechnologie (s.o.; z.B. erneuerbare Energien, E-Mobilität, KI, Automatisierung) und die entsprechenden Forschungen als neue und künftige "Wachstumstreiber" (vgl. derstandard.at, 15.9.2022).

Militär- und RüstungspolitikChinas Volksbefreiungsarmee (VBA) mit 2,4 Mio. Soldaten galt lange zwar als größte, aber auch eine der rückständigsten Armeen weltweit. Ab 2013 wurden die Militärausgaben jährlich um teilweise über 10 % erhöht, um die Streitkräfte zu modernisieren. Eine im Sept. 2015 von X. verkündete Militärreform beinhaltete die Umwandlung der VBA in eine schlankere, effizientere Armee. Dazu wurden bis 2020 rd. 400.000 Soldaten demobilisiert. Im Rahmen einer organisatorischen Reform wurden als neue Teilstreitkraft zudem die "Strategischen Unterstützungskräfte" etabliert, welche auf Cyberkriegsführung spezialisiert sind. Im Mai 2017 testete die VR China erstmals einen Flugzeugträger aus eigener Produktion. Neben der Marine wurden auch die Luftwaffe (knapp 1.500 Kampfflugzeuge und Hubschrauber) sowie das Nuklearpotenzial ausgebaut (von 200 auf 350 Sprengköpfe 2008-2020; vgl. IISS-Bericht Febr. 2022). Im Juli 2021 kündigte X. eine beschleunigte Mobilisierung der Streitkräfte an. 2021 steigerte China seine Militärausgaben auf geschätzte 293 Mrd. US$ (+4,7 %), den weltweit zweithöchsten Wert nach den USA (vgl. SIPRI-Bericht, 25.4.2022).

Mit Russland gegen den Westen - Haltung im UkrainekriegAußenpolitisch forcierte X. mit seinem russischen Amtskollegen Putin seit Ende der 2010er Jahre bei mehreren Treffen eine Intensivierung der bilateralen Wirtschafts-, Handels- und Militärbeziehungen und den Ausbau der strategischen Partnerschaft (s.o.). So wurde Ende 2019 ein Teilstück einer insgesamt 4.000 km langen Gaspipeline ("Sila Sibiri") von Russland nach China in Betrieb genommen (nach dem Liefervertrag von 2014; s.o.), im Sommer 2021 folgte die Verlängerung des 2001 geschlossenen Freundschafts- und Nachbarschaftsvertrages.

Demonstrative Einigkeit und ihre "ewige Freundschaft" beschworen die beiden Autokraten X. und Putin bei dessen China-Besuch zur Eröffnung der von der Coronavirus-Pandemie überschatteten, und vom Westen diplomatisch boykottierten Olympischen Winterspiele Anfang Febr. 2022. Beijing war damit erster Austragungsort von Sommer- (2008; s.o.) und Winterspielen. Im Gegensatz zu 2008 waren mit den Spielen 2022 allerdings keine Hoffnungen mehr auf eine Öffnung und Liberalisierung verknüpft (vgl. taz, 4.2.2022: "Das hässliche Großereignis").

Die gemeinsamen chinesisch-russischen Kerninteressen zeigten sich auch, als Russland Ende Febr. 2022 einen Angriffskrieg gegen die Ukraine startete. Zumindest rhetorisch stärkte China Russland den Rücken und verurteilte die westlichen Sanktionen gegen Moskau. Allerdings scheute sich X., Russland im Krieg gegen die Ukraine offen mit Militärhilfe zu unterstützen, wohl auch mit Rücksicht auf den Westen bzw. der Sorge vor einem wirtschaftlich folgenreichen Bruch (die EU und die USA standen 2021 für 14 % bzw. 12,5 % des chinesischen Außenhandels; Russland 2,5 %).

Beide Seiten einte das Bestreben, der US-Hegemonie und der aus ihrer Sicht westlich dominierten Weltordnung eine "multipolare Weltordnung" mit entsprechenden Einflusssphären entgegen zu stellen (vgl. ZEIT, 3.2.2022: "Wem gehört die Zukunft?"; Hbl., 16.9.2022: "Die neue Achse"). Als anti-westliche Allianz verstand sich auch die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO). Bei deren Gipfeltreffen im Sept. 2022 in Usbekistan betonten X. und Putin noch einmal ihre Einigkeit und der russische Staatschef lobte China für seine "ausgeglichene Haltung" im Ukrainekrieg. Beobachter verwiesen allerdings auf gegenläufige Interessen Moskaus und Beijings in Zentralasien. Während Russland auf eine Art Wiederbelebung der Sowjetunion hinarbeite, seien die zentralasiatischen Staaten auch Teil der "Neuen Seidenstraße". X. und Putin verbinde "ein kompliziertes Geflecht aus Interessen und Abneigungen", hieß es dazu in der Süddeutschen Zeitung (SZ, 16.9.2022: "Grenzenlose Freundschaft mit Limits").

Es handelte sich gleichzeitig um X.s erste Auslandsreise seit Beginn der Coronapandemie im Jan. 2020 (vgl. taz, 14.9.2022: "Beendet diplomatischen Winterschlaf").

Zwischenbilanz Ein Abrücken von X.s strikter Corona-Politik war im Frühherbst 2022 nicht abzusehen, obwohl bei dem Thema interne Differenzen nach außen drangen. So forderte Premier Li Keqiang im Mai 2022 mit Blick auf den ökonomischen Stillstand eine Weiterführung des Reform- und Öffnungskurses und mehr Pragmatismus bei der Krisenbekämpfung, womit er sich zumindest indirekt gegen X. stellte, für den politische Kontrolle und ideologische Ziele Vorrang hatten. So sahen westliche Beobachter in der "Null-Covid"-Politik quasi eine Staatsdoktrin, die gesundheitspolitisch kaum zu begründen war, sondern X. vielmehr als Herrschaftsinstrument gegen Kritiker und Gegner diene ("Wachstum ist gut, Kontrolle ist besser"; Hbl., 13.5.2022; WELT, 7.9.2022: "Chinas ewiger Lockdown").

Auch wenn X. ("Wirkt wie ein friedlicher Onkel, ist aber ein knallharter Machtmensch", Parlament, 12.8.2019; ZEIT, 18.2.2021: "Er hat das Sagen, immer und überall") immer wieder betonte, dass die VR in ihren Außenbeziehungen "Kooperation über Konfrontation" stelle und er sich als Verfechter der Globalisierung und eines freien Welthandelssystems präsentierte (wie z.B. beim Weltwirtschaftsforum im Jan. 2021 in Davos), warnte er den Westen davor (so etwa im Juli 2021 zur 100-Jahr-Feier der KP), die Entschlossenheit seines Landes auf die Probe zu stellen. Dass er in nationalistischer Rhetorik die äußere wie innere Sicherheit immer stärker in den Vordergrund rückte, ebenso wie das Dogma der Nichteinmischung in die "inneren Angelegenheiten" Chinas, insbesondere bei Menschenrechtsvergehen oder in der Taiwan-Frage, galt als Ausdruck einer klaren Prioritätenverschiebung in der chinesischen Politik (vgl. Hbl., 2.9.2022).

Bereits 2018 hatte es geheißen, "das große Kalkül des Westens", das kommunistische China würde "mit steigendem Wohlstand und zunehmenden Handelsverflechtungen freiheitlicher, marktwirtschaftlicher und demokratischer" werden, sei "nicht aufgegangen" (Hbl., 18.12.2018).

Bestätigung für 3. Amtszeit Im Nov. 2021 schaffte das KP-Zentralkomitee das Prinzip der "kollektiven Führung" ab und ebnete X. den Weg für eine dritte fünfjährige und möglicherweise lebenslange Amtszeit an der Spitze der Kommunistischen Partei. Die unangefochtene Bestätigung X.s als KP-Generalsekretär durch das Zentralkomitee erfolgte erwartungsgemäß auf dem 20. Parteitag im Okt. 2022. X. brach damit mit der bisher geltenden Regel, dass die erste Reihe der Parteikader mit 69 Jahren abdankt. Zudem wurde das KP-Machtzentrum (Ständiger Ausschuss des Politbüros) neu zusammen gestellt. Dabei kamen ausschließlich langjährige Gefolgsleute von X. zum Zug: Während eher liberal gesinnte Pragmatiker wie der bisherige Premier Li Keqiang und dessen Vertrauter, Vizepremier Wang Yang, entmachtet wurden, kam u. a. der als Hardliner geltende Schanghaier KP-Chef Li Qiang als Nummer 2 neu in das siebenköpfige Gremium mit X. an der Spitze. Li Qiang galt damit als erster Kandidat für die Nachfolge von Premier Li Keqiang. Kritisch wurde in westlichen Medien auch angemerkt, dass erstmals seit den späten 1990er Jahren keine Frau mehr im 25-köpfigen Politbüro vertreten war (vgl. Hbl., 14.10.2022: "Xi allmächtig"; SPON, 20.10.2022: "Chairman of Everything"; taz, 24.10.2022: "Xi befördert seine Ja-Sager"; Le Monde diplomatique, Okt. 2022: "Xi zum Dritten").

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23. Oktober 2022: KP, Wiederwahl des Generalsekretärs - Politbüro

Der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping wird für eine dritte Amtszeit als KP-Generalsekretär bestätigt und bricht damit mit der seit dem Ende der Mao-Ära eingehaltenen Tradition des Ausscheidens spätestens nach der zweiten Amtszeit. Im Ständigen Ausschuss des Politbüros, dem höchsten Führungsgremium der Volksrepublik, sind nun nur noch loyale Anhänger Xis vertreten. Die neue Nummer zwei wird Li Qiang, der Parteichef von Shanghai. Ministerpräsident Li Keqiang ist aus dem Zentralkomitee ausgeschieden und kann damit auch dem Politbüro nicht mehr angehören.

4. November 2022: Besuch des deutschen Bundeskanzlers in der VR China

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz besucht mit einer Wirtschaftsdelegation die VR China, wo er von Staatspräsident Xi Jinping empfangen wird. Dabei spricht sich Xi unter Bezug auf russische Äußerungen in zuvor nicht gehörter Deutlichkeit dafür aus, dass die internationale Gemeinschaft "gemeinsam den Einsatz von und die Drohung mit Atomwaffen ablehnen" müsse. Scholz spricht sich für eine Weiterentwicklung der Wirtschaftsbeziehungen mit der Volksrepublik aus, kritisiert aber chinesische Strafmaßnahmen gegen EU-Mitgliedstaaten wie Litauen sowie gegen EU-Parlamentarier und mahnt die Einhaltung von Menschenrechten z. B. in Xinjiang an.

14. November 2022: Treffen des US-Präsidenten mit dem Staatschef der VR China

Auf der indonesischen Insel Bali treffen am Tag vor Beginn des G-20-Gipfeltreffens US-Präsident Joe Biden und der chinesische Staatschef Xi Jinping zu einem dreieinhalbstündigen Gespräch zusammen. Es ist die erste persönliche Begegnung der beiden seit Bidens Amtsantritt. Dieser warnt Xi vor dem Einsatz militärischer Gewalt gegen Taiwan. Weitere Themen sind Nordkorea und der russische Angriffskrieg in der Ukraine. Beide Seiten stimmen vor dem Hintergrund russischer Atomwaffendrohungen darin überein, "dass ein Atomkrieg niemals geführt werden sollte". Als weiteres Dialogthema gilt der Kampf gegen den Klimawandel. Auf verschiedenen Arbeitsebenen sollen bilaterale Gesprächskanäle wieder geöffnet werden.

21. November 2022: Coronavirus-Pandemie, Lockdown in Peking - Probleme in anderen Städten

Nachdem erstmals seit Monaten wieder einige Corona-Todesfälle in Peking registriert worden sind, wird dort ein faktischer Lockdown verhängt. Auch in anderen Städten gibt es restriktive Maßnahmen wegen der Pandemie. In Guangzhou ist der bevölkerungsreichste Stadtteil Baiyun im Lockdown. In Shijiazhuang sind neben Lockdowns wieder Massentests eingeführt worden.

24. November 2022: Brand in Urumtschi löst landesweite Proteste gegen restriktive Corona-Politik der Regierung aus

Bei einem Hochhausbrand in Urumtschi, der Hauptstadt der Region Xinjiang, kommen mindestens zehn Menschen ums Leben. Es werden Vorwürfe erhoben, dass die Rettungsarbeiten durch Lockdown-Barrieren wegen der restriktiven Politik der chinesischen Regierung in der Coronavirus-Pandemie verzögert worden seien. Daraufhin kommt es in Urumtschi zu ersten Protesten, die sich in den folgenden Tagen auf viele chinesische Städte und insbesondere Universitäten ausweiten. Dabei werden auch Forderungen nach Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und dem Rücktritt von Machthaber Xi Jinping laut. Es kommt zu zahlreichen Festnahmen. Als Zeichen des Protestes gegen die Zensur halten viele Demonstrierende leere Papierblätter in die Höhe. In (ausländischen) Medienberichten ist von der wohl breitesten Protestbewegung in der Volksrepublik seit 1989 die Rede. Viele chinesische Städte lockern in der Folge ihre strikten Corona-Beschränkungen. Ab dem 5.12. dürfen auch in Urumtschi nach drei Monaten Lockdown Einkaufszentren, Restaurants und Freizeitstätten wieder öffnen.

1. Dezember 2022: EU-Ratspräsident besucht VR China

Der EU-Ratspräsident Charles Michel besucht die VR China, wo er von Staats- und Parteichef Xi Jinping empfangen wird. Während Michel in der Frage der Distanzierung Chinas von Russland keine großen Fortschritte erzielen kann, erklärt sich die chinesische Seite bereit, den Menschenrechtsdialog mit der EU wieder aufzunehmen, der zuletzt 2019 stattfand. Weiteres Thema sind die schwierigen Handelsbeziehungen. Michel kritisiert, dass europäische Unternehmen in der Volksrepublik nicht denselben Marktzugang erhalten wie chinesische in der EU.

7. Dezember 2022: Coronavirus-Pandemie, Abkehr der chinesischen Regierung von Null-Covid-Politik - WHO-Kritik

Die chinesische Regierung kündigt vor dem Hintergrund landesweiter Proteste und wirtschaftlicher Schwierigkeiten eine Abkehr von ihrer bisherigen Null-Covid-Politik an. U. a. wird die Einweisung in Quarantänezentren abgeschafft, Infizierte sollen sich künftig zuhause isolieren. Die Isolationszeit wird auf sieben Tage begrenzt. Die Pflicht zu regelmäßigen PCR-Tests wird auf bestimmte Berufsgruppen und Gebiete mit besonders hohen Inzidenzen beschränkt. Schulen sollen wieder zum Präsenzunterricht zurückkehren. Ein Absperren ganzer Wohngebiete wegen einzelner Coronafälle soll es nicht mehr geben. Impfangebote sollen dagegen intensiviert werden. Extra betont wird, dass die Blockade von Notausgängen streng verboten sei. In der Folgezeit kommt es zu einer starken Zunahme von Infektionen, die allerdings nicht mehr konsequent erfasst werden. Es kursieren trotz Zensur Videos von völlig überfüllten Notaufnahmen und Krematorien sowie Berichte über Medikamentenmangel. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) kritisiert Ende Dezember die lückenhafte Erfassung der Corona-Zahlen scharf und zeigt sich besorgt über die Entwicklung. Nach offiziell nicht bestätigten Schätzungen sollen sich allein in den ersten drei Dezemberwochen etwa 18 % der chinesischen Bevölkerung mit Sars-CoV-2 infiziert haben, die "Neue Zürcher Zeitung" (28.12.2022) schreibt, dass Experten der Datenfirma Airfinity von rund 5.000 Covid-Toten von pro Tag ausgehen.

7. Dezember 2022: Chinesischer Staatschef besucht Saudi-Arabien - Konflikt mit Iran

Der chinesische Staatspräsident Xi Jinping trifft zu einem dreitägigen Besuch in Saudi-Arabien ein, wo er u. a. mit Kronprinz Mohammed bin Salman Abdul Asis Al Saud zusammentrifft. Die VR China ist der größte Abnehmer von saudischem Erdöl. Im Gegenzug importiert Saudi-Arabien aus der Volksrepublik Elektrogeräte und Stahl und kooperiert im Technologiebereich. Während des Treffens sollen Abkommen im Umfang von 30 Mrd. US$ sowie eines über eine "umfassende strategische Partnerschaft" unterzeichnet werden. Für große Verärgerung in Iran sorgt, dass Xi offen Partei für Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate ergreift. Er schließt sich einer Erklärung des Golfkooperationsrates an, dass Iran sich destabilisierend verhalte und terroristische Gruppen unterstütze. Iran wird auch aufgefordert, sein Atomprogramm auf eine friedliche Nutzung zu beschränken. Außerdem unterstützt er die Bemühungen der Vereinigten Arabischen Emirate, eine friedliche Lösung im Streit um drei Inseln in der Straße von Hormus zu finden, die seit 1971 von Iran besetzt sind.

4. Januar 2023: Besuch des philippinischen Staatspräsidenten in Peking

Der Staatspräsident der Philippinen, Ferdinand Marcos Jr., besucht die VR China, wo er in Peking von Staatschef Xi Jinping empfangen wird. Marcos sucht Entspannung im bilateralen Verhältnis, das insbesondere durch die chinesische Expansion im Südchinesischen Meer belastet ist. Die Volksrepublik ist andererseits der größte Handelspartner der Philippinen. Während des Besuchs werden mehr als zehn Abkommen unterzeichnet.

8. Januar 2023: Coronavirus-Pandemie, Grenzöffnung der VR China

Nach drei Jahren der weitgehenden Grenzschließung durch die VR China wegen der Coronavirus-Pandemie werden die Grenzen der Volksrepublik sowohl für die eigene Bevölkerung als auch für Ausländer mit Arbeits- oder Studienvisa wieder geöffnet. Die chinesischen Behörden kündigen an, die Beschränkung der internationalen Flüge aufzuheben und Reisepässe wieder zu erneuern. Mehrere Länder, wie die USA, Indien, Kanada, Großbritannien, Südkorea und die Republik China (Taiwan), verlangen bei Einreise aus der Volksrepublik einen negativen Corona-Test. Auch die EU einigt sich darauf, negative Tests zu verlangen und ein u. a. vom deutschen Gesundheitsminister Karl Lauterbach gefordertes "Varianten-Monitoring" an Flughäfen einzuführen. Sprecher des chinesischen Außenministeriums fordern andere Länder auf, Chinesen bei der Einreise nicht zu diskriminieren.

15. Januar 2023: Coronavirus-Pandemie, Offizielle Opferzahlen

Die nationale Gesundheitskommission der VR China gibt am Wochenende bekannt, dass in der Zeit vom 8.12.2022 bis zum 12.1.2023, also seit der "Optimierung der Seuchenschutzmaßnahmen" (d. h. der Aufhebung der Corona-Beschränkungen), im Land fast 60.000 Menschen im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung gestorben seien, wobei der größte Teil der Gestorbenen auch an weiteren Krankheiten gelitten habe. Die Volksrepublik war wegen ihrer intransparenten Informationspolitik in der Pandemie international kritisiert worden. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (20.1.23) merkt an, dass Fachleute davon ausgehen, dass die wirkliche Zahl der coronabedingten Todesfälle in diesem Zeitraum bis zu zehnmal höher liegen könnte.

17. Januar 2023: Bevölkerungsrückgang - Gebremstes Wirtschaftswachstum

Das Statistikamt der VR China gibt bekannt, dass die Bevölkerung des Landes im vergangenen Jahr erstmals seit 1961 zurückgegangen sei. Im Vergleich zum Vorjahr ging die Bevölkerungszahl demnach um 850.000 auf 1,412 Mrd. Menschen zurück. Seit 2016 ist die Geburtenrate kontinuierlich gesunken und liegt derzeit bei 6,77 pro 1.000 Einwohner. Das Bruttoinlandsprodukt hat 2022 (wegen der strikten Corona-Politik) nur um drei Prozent zugelegt.

27. Januar 2023: Amerikanisch-japanisch-niederländische Chip-Allianz gegen die VR China

Die USA, Japan und die Niederlande einigen sich Medienberichten zufolge auf eine Chip-Allianz, die dafür sorgen soll, dass die VR China keine hochmodernen Maschinen zur Produktion der leistungsfähigsten Computerchips, welche in den Niederlanden vom Marktführer ASMO und in Japan von Nikon und Canon gebaut werden, erhält. Hintergründe sind die militärische Aufrüstung in China, die Überwachung der Bevölkerung und der unzureichende Schutz geistigen Eigentums.

2. Februar 2023: Mutmaßlicher chinesischer Spionageballon über den USA

Das US-Verteidigungsministerium gibt bekannt, dass am Vortag ein mutmaßlicher chinesischer Spionageballon erstmals über dem US-Bundesstaat Montana gesichtet worden sei. Die US-Regierung beschließt, einen geplanten Besuch von Außenminister Antony J. Blinken in der VR China zu verschieben. China spricht von einem zivilen Luftschiff, das zu wissenschaftlichen Zwecken eingesetzt werde und durch den Wind vom Kurs abgekommen sei. Am 4.2. wird der Ballon von einem US-Kampfflugzeug abgeschossen, nachdem er den Atlantik erreicht hat. Am 9.2. gibt das US-Außenministerium bekannt, dass Untersuchungen ergeben habe, dass der Ballon eindeutig der geheimdienstlichen Überwachung gedient habe. Er soll Teil einer ganzen Flotte von Überwachungsballons gewesen sein, die in mehr als 40 Ländern auf fünf Kontinenten eingesetzt wurden.

14. Februar 2023: Besuch des iranischen Staatspräsidenten in der VR China

Der iranische Staatspräsident Ebrahim Raisi wird im Rahmen eines dreitägigen Besuchs in der VR China in Peking von Staats- und Parteichef Xi Jinping empfangen. Ziel der Gespräche ist es, den 2021 vereinbarten strategischen Kooperationspakt mit Leben zu füllen. Beide Seiten bekräftigen die gemeinsame Ablehnung einer amerikanisch dominierten Weltordnung.

17. Februar 2023: Coronavirus-Pandemie, Staatschef verkündigt Sieg über Pandemie - Opferbilanz

Chinas Staatsmedien berichten, dass Staats- und Parteichef Xi Jinping in einer Sitzung des Ständigen Ausschusses des Politbüros den Sieg über die Coronavirus-Pandemie in der Volksrepublik verkündet und seine Coronapolitik als historische Leistung gepriesen habe. Seit November 2022 seien 200 Millionen Menschen medizinisch versorgt und 800.000 schwer erkrankte Coronapatienten behandelt worden. Die chinesische Sterberate im Zusammenhang mit Sars-CoV-2 sei die niedrigste der Welt. Nach offiziellen Angaben liegt die Zahl der Todesopfer bei 87.468. Fachleute schätzen die wirkliche Zahl nach Angaben der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 18.2.2023 auf eine bis 1,5 Millionen. Am 15.3. wird die Einreise nach China auch für ausländische Touristen wieder möglich.

24. Februar 2023: Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine - UN-Resolution - Chinesischer Friedensplan - Neue Sanktionen gegen Russland

Der ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj spricht zum Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine seinen Landsleuten Mut zu und schreibt in einer Botschaft: "Wir wissen, dass 2023 das Jahr unseres Sieges sein wird". Weltweit wird bei vielen Veranstaltungen an den Krieg erinnert und Solidarität mit den Ukrainerinnen und Ukrainern demonstriert. Die ukrainische Regierung wirft Russland mehr als 70.000 Kriegsverbrechen seit dem Beginn der Invasion vor. Die russische Armee setzt ihre intensiven Angriffe im Donbass unterdessen fort. Am Vortag haben die Vereinten Nationen eine Resolution verabschiedet, in der ein sofortiger Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine und ein umfassender, dauerhafter und gerechter Frieden gefordert werden. Dafür stimmten 141 Länder. China, Indien, Südafrika und 29 weitere Länder enthielten sich. Russland, Belarus, Syrien, Eritrea, Nicaragua, Nordkorea und Mali stimmten dagegen. Die VR China veröffentlicht ein Papier mit dem Titel "Chinas Position für eine politische Lösung der Ukrainekrise", in dem Dialog und Waffenstillstand gefordert werden, allerdings der russische Überfall auf die Ukraine nicht erwähnt wird und das Wort "Krieg" nicht auftaucht. Die USA legen unterdessen ein neues Sanktionspaket gegen Russland vor, das u. a. verschärfte Exportbedingungen enthält. Deutschland kündigt an, die Zahl der Leopard 2A6-Panzer, die aus Beständen der Bundeswehr an die Ukraine geliefert werden sollen, auf 18 zu erhöhen. Am 25.2. tritt auch ein zehntes Sanktionspaket der EU gegen Russland in Kraft.

1. März 2023: Besuch des belarussischen Machthabers in der VR China

Der belarussische Machthaber Aleksandr Lukaschenka wird in Peking vom chinesischen Staatschef Xi Jinping empfangen. Lukaschenka, der auf chinesische Investitionen in Belarus hofft, lobt das chinesische Papier zum Ukrainekonflikt.

5. März 2023: Nationaler Volkskongress - Bestätigung des Staatspräsidenten für dritte Amtszeit - Neuer Ministerpräsident

In Peking kommt der Nationale Volkskongress mit 2.952 Delegierten zu seiner jährlichen Sitzung zusammen. Der scheidende Ministerpräsident Li Keqiang stellt den Haushaltsentwurf für das kommende Jahr vor, der ein Wirtschaftswachstum von rund fünf Prozent und eine Erhöhung der Militärausgaben um 7,2 % vorsieht. Am 10.3. wird Staatschef Xi Jinping einstimmig als Staatspräsident und Oberbefehlshaber der Streitkräfte bestätigt. Vor fünf Jahren hatte er die Verfassung ändern lassen, welche nur zwei Amtszeiten vorsah, um unbegrenzt an der Macht bleiben zu können. Deutlicher als bisher erklärt Xi die USA zum Feind und verordnet der chinesischen Gesellschaft und Wirtschaft "Einheit und die Bereitschaft zum Kampf". Vize-Präsident wird Han Zheng. Am 11.3. wird Li Qiang zum neuen Ministerpräsidenten gewählt (2.936 Stimmen) und vereidigt. Am 12.3. wird die weitgehend unveränderte Regierung bestätigt. Neuer Verteidigungsminister wird General Li Shangfu.

20. März 2023: Besuch des Staatschefs der VR China in Russland

Der chinesische Staatspräsident Xi Jinping kommt zu einem Staatsbesuch nach Russland, wo er von seinem Amtskollegen Wladimir Putin empfangen wird. China hat für Russland angesichts der Konfrontation mit den westlichen Ländern stark an Bedeutung gewonnen. 2022 gingen fast 30 % der russischen Exporte (insbesondere Gas, Öl und Kohle) in die Volksrepublik, von dort kamen 40 % der Importe. Die beiden Politiker betonen ihre Zusammenarbeit und die Tatsache, dass sie sich bereits mehr als 40mal persönlich getroffen haben. Beide Seiten unterzeichnen 14 teils geheime Vereinbarungen und Absichtserklärungen, darunter eine Erklärung zur "allumfassenden Partnerschaft und stategischen Zusammenarbeit". U. a. wird das gemeinsame Vorgehen gegen "Farbenrevolutionen" vereinbart. Keine Eingung gibt es bei der Gaspipeline "Kraft Sibiriens 2", deren von Russland geplante Route durch die Mongolei von China abgelehnt wird.

April 2023: Umstrittenes Anti-Spionage-Gesetz

Der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses der VR China verabschiedet eine Änderung des Anti-Spionage-Gesetzes, welches die Definition von Spionage auf sämtliche "Dokumente, Daten, Materialien und Gegenstände, die Chinas nationale Sicherheit und nationale Interessen berühren", ausdehnt. Für Privatpersonen, Wissenschaftler oder Unternehmensvertreter kann damit nach Einschätzung der "Neuen Zürcher Zeitung international" (2.5.2023) selbst ein alltäglicher Austausch zur Gefahr werden. Das Gesetz erlaubt der chinesischen Spionageabwehr den Zugriff auf Daten, Geräte und Informationen über persönliches Eigentum. Ausländische Firmen reagieren mit Verunsicherung.

4. April 2023: Besuch des französischen Staatspräsidenten und der EU-Kommissionspräsidentin in der VR China

Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron fliegt zu einem mehrtägigen Besuch in die VR China, wobei er am 6.4. für ein erstes Gespräch mit Staats- und Parteichef Xi Jinping von der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begleitet wird. Ein wichtiges Thema ist der russische Angriffskrieg in der Ukraine, für dessen Beendigung China eine wichtige Rolle spielen könnte. Macron will die Wirtschaftsbeziehungen zu China nach dem Einbruch durch die Coronavirus-Pandemie wiederbeleben und betont sein Eintreten für europäische Souveränität und Autonomie. Von der Leyen hat im Vorfeld des Besuchs noch einmal betont, dass die Volksrepublik ein strategischer Rivale der EU sei. Sie kritisiert, dass das Handelsbilanzdefizit der EU gegenüber China sich mittlerweile auf 400 Mrd. Euro verdreifacht habe und spricht diskriminierende Handelspraktiken an. Für große Aufmerksamkeit und teilweise Kritik sorgt Macrons Warnung davor, sich in eine mögliche Eskalation um Taiwan hineinziehen zu lassen. Europa solle nicht in die Falle blinder Gefolgschaft gegenüber den USA gehen.

10. April 2023: VR China beendet Manöver bei Taiwan - Treffen der taiwanesischen Staatspräsidentin mit Sprecher des US-Repräsentantenhauses - Reise des Ex-Präsidenten Taiwans in die Volksrepublik

Marine und Luftwaffe der VR China beenden dreitägige Manöver, bei denen die Blockade Taiwans und Angriffe auf Ziele auf der Insel simuliert wurden. Erstmals nimmt daran der Flugzeugträger Shandong teil, mit dem Angriffe vom Osten her auf Taiwan geprobt werden. Eine solche Positionierung könnte es anderen Kräften erschweren, Taiwan im Kriegsfall zu Hilfe zu kommen. Anlass für die Manöver ist ein USA-Besuch der Präsidentin der Republik China (Taiwan), Tsai Ing-wen, bei welchem sie am 5.4. mit dem Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, zusammengekommen war. Bereits am 27.3. hat dagegen der frühere Staatspräsident Taiwans, Ma Ying-jeou, mit einer großen Delegation einen als private Reise deklarierten zwölftägigen Besuch in der Volksrepublik begonnen. Er gehört der KMT an, welche einen weniger kritischen Kurs gegenüber Peking vertritt als Tsais DPP.

10. April 2023: Urteile gegen Menschenrechtler

Es wird bekannt, dass in der VR China von einem Gericht in der Provinz Shandong die bekannten Menschenrechtler und Anwälte Xu Zhiyong und Ding Jiaxi in Geheimprozessen zu 14 bzw. zwölf Jahren Haft verurteilt worden sind. Die beiden haben vor gut zehn Jahren die "Neue Bürgerrechtsbewegung" gegründet, die sich für Bürgerrechte, Redefreiheit, Transparenz und gegen Korruption einsetzt. Beide geben an, in der Haft gefoltert worden zu sein.

12. April 2023: Staatsbesuch des brasilianischen Präsidenten in der VR China - Neue Präsidentin der Neuen Entwicklungsbank

Der brasilianische Staatspräsident Lula da Silva kommt mit einer großen Delegation zu einem fünftägigen Staatsbesuch in die VR China. Die Volksrepublik ist der mit Abstand wichtigste Handelspartner Brasiliens. Dorthin gehen rund ein Drittel der brasilianischen Exporte wie Eisen, Erdöl, Soja, Fleisch und Zucker. Von dort kommen fast ein Viertel der Importe, insbesondere Elektrogeräte, Maschinen, Motorenteile, Autoreifen und Chemikalien. Mindestens 20 Abkommen werden während des Besuchs unterzeichnet. Am 13.4. nimmt Lula da Silva in Shanghai an der Amtseinführung des früheren brasilianischen Staatspräsidentin Dilma Rousseff als Präsidentin der Neuen Entwicklungbank teil, die von Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika (Brics) 2014 gegründet worden ist und eine Alternative zu Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) bilden soll. Am 14.4. wird da Silva von Staats- und Parteichef Xi Jinping empfangen, wobei es auch um Friedensbemühungen im Ukrainekrieg geht.

14. April 2023: Indien löst China als bevölkerungsreichste Nation der Welt ab

Indien löst - gemäß einer Schätzung der Vereinten Nation - an diesem Tag China als bevölkerungsreichstes Land der Welt ab. Die Einwohnerzahl Indiens wird mit 1.425.775.850 beziffert.

19. Mai 2023: China-Zentralasien-Gipfeltreffen

In der nordchinesischen Stadt Xian kommen der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping sowie die Staatsoberhäupter Kasachstans, Kirgisistans, Usbekistans, Tadschikistans und Turkmenistans zu einem Gipfeltreffen zusammen. Sie wollen sich im Rahmen eines China-Zentralasien-Mechanismus künftig alle zwei Jahre treffen. Eine Vielzahl bilateraler Abkommen aus den Bereichen Wirtschaft, Kultur, Verkehr und Bildung werden bei der Gelegenheit unterzeichnet. Die VR China stellt den Ländern für ihre Modernisierung in den kommenden Jahren insgesamt umgerechnet 3,7 Mrd. US$ zur Verfügung. Es sollen neue Straßen- und Schienenverbindungen aufgebaut und der Bau einer neuen Gaspipeline in Angriff genommen werden. Der Handel Chinas mit den Ländern hat im Vorjahr ein Rekordvolumen von 70 Mrd. US$ erreicht. Kirgisistan, Usbekistan und Turkmenistan hatten bereits stärkere Handelsbeziehungen zur VR China als zu Russland.

18. Juni 2023: Besuch des US-Außenministers in der VR China

US-Außenminister Antony J. Blinken trifft im Rahmen seines ersten Besuchs in der VR China u. a. mit seinem chinesischen Amtskollegen Qin Gang und dem führenden chinesischen Außenpolitiker Wang Yi zusammen. Am folgenden Tag wird er auch von Staats- und Parteichef Xi Jinping empfangen. Beide bekräftigen den Willen, die Beziehungen beider Staaten zu stabilisieren. Eine Verbesserung der militärischen Kommunikationskanäle wird von der Volksrepublik allerdings abgelehnt. Die Visite Blinkens leitet ein Reihe weiterer Besuche aus den USA in China ein, darunter von Finanzministerin Janet Yellen, Handelsministerin Gina Raimondo und dem Klimabeauftragten John Kerry.

28. Juni 2023: Außenpolitikgesetz

Die VR China gibt sich ein umfassendes Außenpolitik-Gesetz, das als "wichtiger Schritt zur Erweiterung des rechtlichen Instrumentenkastens gegen die westliche Hegemonie" bezeichnet wird. U. a. soll es eine Grundlage für den Kampf gegen Sanktionen bieten. Das Gesetz wird vom Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses verabschiedet und tritt zum 1.7. in Kraft.

9. August 2023: Beschränkung von US-Investitionen in VR China

Ein Dekret von US-Präsident Joe Biden beschränkt US-Investitionen in der VR China in den Sektoren Halbleiter, Quantencomputer und Künstliche Intelligenz. Damit soll die Fähigkeit Chinas eingedämmt werden, Militär- und Überwachungstechnologien der nächsten Generation zu entwickeln. Das Vorgehen trifft die Volksrepublik in einer Phase wirtschaftlicher Stagnation und droht Ansätze zu einer Verbesserung der bilateralen Beziehungen einzutrüben.

17. August 2023: Immobilienkrise - Jugendarbeitslosigkeit

Die "Neue Zürcher Zeitung international" berichtet darüber, dass die Immobilienkrise in der VR China sich ausweitet und die Wirtschaftsdaten sich verschlechtern. Nachdem die Arbeitslosenquote unter den 16- bis 24-Jährigen im Juni auf offiziell 21,3 % gestiegen war, werden nun keine offiziellen Angaben mehr gemacht. Inoffizielle Schätzungen gehen davon aus, dass die Quote sogar bei 50 % liegen könnte. Die Zentralbank senkt überraschend den Leitzins, worauf der Kurs des Yuan fällt.

22. August 2023: Gipfeltreffen der BRICS-Staaten in Johannesburg - Neue Mitglieder

Im südafrikanischen Johannesburg beginnt das dreitägige 15. Gipfeltreffen der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika). Russlands Präsident Wladimir Putin wird per Video zugeschaltet, da ihm in Südafrika wegen eines Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs die Festnahme gedroht hätte. Die BRICS-Staaten einigen sich, hauptsächlich auf Betreiben Chinas, auf die Aufnahme sechs weiterer Mitglieder - Argentinien, Ägypten, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien und der Vereinigten Arabischen Emirate - zum 1.1.2024. Mehr als 20 Länder hatten einen offiziellen Aufnahmeantrag eingereicht. Der UN-Generalsekretär António de Oliveira Guterres, der ebenfalls auf dem Gipfel zu Gast ist, erklärt, dass man sich mit der BRICS-Erweiterung "auf dem Weg zu einer multipolaren Welt" befinde. Multipolarität allein reiche jedoch nicht aus, "um eine friedliche oder gerechte Weltgemeinschaft zu garantieren".

9. September 2023 - 10. September 2023: G20-Gipfel in Neu Delhi - Aufnahme der Afrikanischen Union

In der indischen Hauptstadt Neu Delhi findet das 18. Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Wirtschaftsmächte (G20-Staaten) statt. Allerdings lassen sich u. a. der chinesische Staatspräsident Xi Jinping und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin vertreten. Zu Beginn des Treffens wird beschlossen, die Afrikanische Union (AU) als Mitglied aufzunehmen. Bisher war die EU als einzige Regionalorganisation Mitglied der G20. In einer gemeinsamen Erklärung, die als diplomatischer Erfolg von Gastgeber Narendra Modi gilt, wird die russische Aggression gegen die Ukraine nicht erneut ausdrücklich verurteilt. Allerdings wird die territoriale Integrität von Staaten betont und der Einsatz von Atomwaffen zurückgewiesen. Am Rande des Treffens unterzeichnen die USA, Indien, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und die EU eine Absichtserklärung über ein großes Infrastrukturprojekt, welches Europa, den Nahen Osten und Indien in Zukunft über Eisenbahnstrecken, Stromkabel und eine Pipeline für grünen Wasserstoff miteinander verbinden soll. Das Vorhaben gilt als Konkurrenzprojekt zur chinesischen "Neuen Seidenstraße".

22. September 2023: Besuch des syrischen Machthabers in der VR China - Vereinbarung einer strategischen Partnerschaft

Der syrische Staatschef Baschar al- Assad trifft bei einem Besuch in der VR China mit dem dortigen Machthaber Xi Jinping zusammen. Beide einigen sich auf eine strategische Partnerschaft. Syrien benötigt dringend Wiederaufbauhilfe für das kriegszerstörte Land.

17. Oktober 2023 - 18. Oktober 2023: Besuch des russischen Staatschefs in der VR China

In China findet das dritte "Belt and Road"-Forum statt, bei dem China sein Projekt "Neue Seidenstraße" voranbringen will . Auch der russische Staatspräsident Wladimir Putin reist anlässlich der Veranstaltung nach China. Im Zuge des Forums finden auch bilaterale Gespräche zwischen Putin und seinem Amtskollegen Xi Jinping statt.

22. Oktober 2023: Chinesische Küstenwache rammt philippinisches Boot

Ein Schiff der chinesische Küstenwache rammt ein philippinisches Versorgungsboot, das regelmäßig den philippinischen Außenposten Sierra Madre im Südchinesischen Meer anfährt. Zudem touchiert ein chinesischer Trawler ein Boot der philippinischen Küstenwache. Aufgrund des Zwischenfalls bestellen die Philippinen einen Tag später den chinesischen Botschafter ein und ordnen eine Untersuchung an. Außerdem fordern sie China auf, "die provokativen Handlungen" einzustellen. Chinas Außenministerium beschuldigte hingegen die USA, die derzeitige Lage verursacht zu haben. Diese hätten die Philippinen bei ihren Souveränität verletzenden Aktionen im Südchinesischen Meer unterstützt.

24. Oktober 2023: Entlassung des Verteidigungsministers - Neuer Finanzminister - Neuer Verteidigungsminister

Das chinesische Staatsfernsehen meldet unter Berufung auf eine Entscheidung des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses, dass der Verteidigungsminister Li Shangfu seines Amtes enthoben wurde. Er war das letzte Mal Ende August öffentlich aufgetreten. Zudem sei Li auch nicht mehr Mitglied des Staatsrates, ebenso wie der im Juli entlassene ehemalige Außenminister Qin Gang. Lan Foan wird zum Finanzminister ernannt. Am 29.12. wird Dong Jun zum neuen Verteidigungsminister ernannt.

6. November 2023: Besuch des australischen Ministerpräsidenten in der VR China

Der australische Ministerpräsident Anthony Albanese besucht die VR China, wo er als erster australischer Regierungschef seit 2016 von Staats- und Parteichef Xi Jinping empfangen wird. Der Besuch wird als "Tauwetter" nach Jahren diplomatischer Spannungen interpretiert.

15. November 2023: Treffen des chinesischen Machthabers und des US-Präsidenten in Kalifornien

In Woodside (Kalifornien), südlich von San Francisco, treffen der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping und US-Präsident Joe Biden zu einem mehrstündigen Gespräch zusammen. Fortschritte gibt es beim Problem der Bekämpfung des Imports der Droge Fentanyl in die USA, in die chinesische Firmen verwickelt sind. Auch der von der VR China abgeschaltete Kommunikationskanal zwischen den Militärs beider Seiten soll wieder aktiviert werden. Als schwierige Themen bleiben die Lage in Taiwan und das aggressive Auftreten der Volksrepublik im Südchinesischen Meer. Angesprochen werden auch die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten.

7. Dezember 2023: EU-China-Gespräche - Rückzug Italiens von der Initiative "Neue Seidenstraße"

In Peking kommen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel mit Staatschef Xi Jinping und Ministerpräsident Li Qiang zu Gesprächen zusammen. Wichtige Themen sind u. a. das Handelsbilanzdefizit der EU-Länder gegenüber China, welches sich in den vergangenen beiden Jahren auf 400 Mrd. Euro verdoppelt hat und von der EU teilweise auf "unfairen Wettbewerb" zurückgeführt wird, sowie die chinesische Haltung gegenüber Russland. Die EU verdächtigt chinesische Firmen, Russland-Sanktionen zu unterlaufen. Von der Leyen warnt auch ausdrücklich vor einseitigen Veränderungen des Status quo in Taiwan. Im Vorfeld bestätigte die italienische Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, dass Italien offiziell aus dem Abkommen "Neue Seidenstraße" mit der VR China ausgestiegen ist.

12. Dezember 2023: Besuch des chinesischen Staats- und Parteichefs in Vietnam

Der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping kommt zu einem zweitägigen Besuch nach Vietnam, wo er zu Gesprächen u. a. mit Parteichef Nguyen Phú Trong zusammentrifft. Vietnam verfolgt eine "Bambus-Diplomatie", welche gute Beziehungen zur VR China, welche größter Handelspartner und Auslandsinvestor ist, aber auch zu den USA, Japan und Australien vorsieht.

30. Januar 2024: China nimmt diplomatische Beziehungen zu afghanischer Taliban-Regierung auf

Der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping empfängt in der Großen Halle des Volkes in Peking den Botschafter der international nicht anerkannten afghanischen Taliban-Regierung, Bilal Karimi. China ist das einzige Land, welches seit der Machtübernahme der Taliban einen neuen Botschafter nach Kabul entsandt hat.

5. März 2024: Nationaler Volkskongress

In Peking beginnt der alljährliche Nationale Volkskongress der Volksrepublik China. Premierminister Li Qiang trägt den Tätigkeitsbericht der Regierung vor. Als Wachstumsziel für die Wirtschaft werden wie im vergangenen Jahr fünf Prozent angegeben, das Haushaltsdefizit soll bei drei Prozent bleiben. Der Rüstungshaushalt steigt (offiziell) um 7,2 %. Die traditionelle Pressekonferenz des Regierungschefs findet nicht mehr statt, was von Beobachtern als Zeichen für die Geringschätzung des Amtes des Premierministers und für eine immer restriktivere Informationspolitik gewertet wird.

13. April 2024: Besuch des deutschen Bundeskanzlers in der VR China

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz reist in Begleitung von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, Umweltministerin Steffi Lemke, Verkehrsminister Volker Wissing und einer Wirtschaftsdelegation in die VR China. Am 16.4. wird er in Peking von Staatspräsident Xi Jinping empfangen und trifft im Anschluss Ministerpräsident Li Qiang.

Mai 2024: Todesurteil in Korruptionsverfahren

Ein chinesisches Gericht verurteilt den Finanzmanager Bai Tianhui zum Tode. Der ehemalige Geschäftsführer der staatlichen Holding China Huarong International soll Bestechungsgelder in Höhe von umgerechnet gut 140 Mio. Euro kassiert haben. Sein früherer Chef Lai Xiaomin, der 230 Mio. Euro angenommen haben soll, ist bereits vor drei Jahren zum Tode verurteilt und hingerichtet worden. Staatschef Xi Jinping hat erst vor Kurzem die Aufsichtsbehörden und Lokalregierungen ermahnt, sich stärker um Finanzrisiken zu kümmern.

6. Mai 2024: Besuch des chinesischen Staatspräsidenten in Frankreich, Serbien und Ungarn

Der chinesische Staatspräsident Xi Jinping kommt zu Beginn einer einwöchigen Europareise zu einem zweitägigen Besuch nach Frankreich. An einem Gespräch mit Staatspräsident Emmanuel Macron nimmt auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teil. Dabei wird Kritik an chinesischen Wettbewerbsverzerrungen geübt. Wichtige Themen sind auch die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten. Weitere Stationen des Besuchs von Xi sind Serbien und Ungarn. Ungarn wird von der "Neuen Zürcher Zeitung international" als "Chinas Einfallstor für die EU" bezeichnet. 2024 kamen die meisten ausländischen Direktinvestitionen in Ungarn aus der Volksrepublik. Der Konzern CATL baut bei Debrecen für umgerechnet rund sieben Mrd. Euro eine Batteriefabrik, Huawei betreibt in Ungarn die größte Produktionsanlage außerhalb von China und der Elektroautohersteller BYD will in Szeged sein erstes europäisches Werk errichten. Xi und der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán vereinbaren eine "umfassende strategische Partnerschaft". 16 Wirtschaftsabkommen werden während des Besuchs unterzeichnet. Ungarn steht damit konträr zum Kurs der EU, die die wirtschaftliche Abhängigkeit von China reduzieren will.

14. Mai 2024: US-Strafzölle gegen die VR China

Die US-Regierung gibt bekannt, dass wegen unfairer Handelspraktiken Strafzölle gegen die VR China verhängt werden. Die Zölle - z. B. auf Elektroautos, Batterien, Stahl, Aluminium, Halbleiter, Solarzellen, Hafenkräne und Medizinprodukte - sollen Branchen vor Einfuhren aus China schützen, welche die amerikanische Regierung als strategische Schlüsselindustrien identifiziert hat. China wird vorgeworfen, mit Subventionen Überkapazitäten in Schlüsselbranchen zu produzieren und damit die Weltmärkte zu fluten. Der Zollaufschlag auf Elektroautos steigt von 25 auf 100 %. Insgesamt sollen Einfuhren im Wert von 18 Mrd. US$ betroffen sein. In der EU herrscht die Sorge, dass China seine Überschüsse nun in den europäischen Ländern in die Märkte drücken könnte.

16. Mai 2024: Besuch des russischen Staatspräsidenten in der VR China

Der russische Staatspräsident Wladimir Putin besucht die VR China. Beide Seiten kündigen eine weitere Vertiefung ihrer engen bilateralen Beziehungen an und stellen sich erneut gegen die USA und die westliche Bündnispolitik. Wichtiges Thema der Gespräche ist der Krieg in der Ukraine. Das chinesisch-russische Handelsvolumen ist 2023 auf mindestens 240 Mrd. US$ angewachsen.

23. Mai 2024: Manöver der VR China zur Umzingelung Taiwans

Die Volksrepublik China beginnt als Reaktion auf den Amtsantritt des neuen taiwanesischen Staatspräsidenten Lai Ching-te mit Manövern rund um Taiwan und dessen vorgelagerte Inseln. Lai gehört seit acht Jahren der DPP an, die für die Eigenständigkeit Taiwans eintritt. Ein Militärsprecher der Volksrepublik bezeichnet die Manöver als "harte Strafe" und "ernste Warnung vor separatistischen Aktivitäten". Die taiwanesischen Sicherheitskräfte kündigen Gegenmaßnahmen an, um "Freiheit, Demokratie und Souveränität der Republik China zu schützen". Lai hat in seiner Antrittsrede die Einhaltung des Status quo in der Taiwanstraße betont und die Regierung in Peking zu Gesprächen aufgefordert.

12. Juni 2024: EU-Zölle auf E-Autos aus China

Die EU-Kommission gibt die Verhängung von gestaffelten Strafzöllen auf E-Autos aus der VR China bekannt. Damit soll ausgeglichen werden, dass China den Herstellern umfangreiche Subventionen gewährt und damit für Wettbewerbsverzerrungen auf dem europäischen Markt sorgt. Am härtesten betroffen ist der Konzern SAIC, der zusätzlich zum normalen Zoll von zehn Prozent einen Strafzoll von 38,1 % bezahlen soll. BYD und Geely werden mit 17,4 % bzw. 20 % belegt. Für die übrigen, darunter die in China produzierenden Unternehmen Tesla und BMW, gilt ein Strafzoll von 21 %. Die EU folgt der Ankündigung von Strafzöllen durch die USA und die Türkei. China reagiert mit der Androhung von Gegenmaßnahmen. In Europa hatte sich die deutsche Regierung gegen die Strafzölle ausgesprochen, Frankreich hatte sie dagegen vehement gefordert. Am 22.6. teilt das chinesische Handelsministerium nach einem Telefonat von Handelsminister Wang Wentao und EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis mit, dass es Konsultationen zu den Strafzöllen geben soll, die im Juli eingeführt werden sollten.

27. Juni 2024: Parteiausschluss zweier ehemaliger Verteidigungsminister wegen Korruptionsvorwürfen

Die beiden ehemaligen chinesischen Verteidigungsminister Li Shangfu und Wei Fenghe werden wegen Korruptionsvorwürfen offiziell aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen. Die Fälle werden von der Militärstaatsanwaltschaft übernommen. Beiden droht die Todesstrafe.

2. Juli 2024: Besuch des ungarischen Ministerpräsidenten in der Ukraine, in Russland und in China

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán kommt erstmals seit Beginn des russischen Angriffs im Jahr 2022 in die Ukraine. Dort macht er sich bei Präsident Wolodymyr Selenskyj für einen befristeten Waffenstillstand stark. Am 5.7. besucht Orbán Russland, wo er mit Präsident Wladimir Putin zusammentrifft. Der mit den EU- und NATO-Partnern nicht abgestimmte Besuch ruft in der EU-Kommission und bei europäischen Partnerstaaten Unmut hervor. Es wird betont, dass Orbán nicht als Vertreter der EU unterwegs sei. Am 8.7. trifft Orban in Peking mit Staats- und Parteichef Xi Jinping zusammen.

18. Juli 2024: Drittes Plenum der KP

In Peking endet das hinter verschlossenen Türen abgehaltene "Dritte Plenum" der rund 370 führenden Kader des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei. Beobachter erwarten, dass keine tiefergehenden Veränderungen am Kurs von Staats- und Parteichef Xi Jinping beschlossen wurden. Später wird ein Bericht mit über 300 Beschlüssen des Zentralkomitees veröffentlicht. U. a. soll demnach die Urbanisierung verstärkt werden, eine Steuerreform soll die hoch verschuldeten Lokalregierungen entlasten, der Sozialstaat soll auch auf Wanderarbeiter und Tagelöhner ausgedehnt werden, das Rentenalter soll schrittweise angehoben werden, die Wirtschaft soll gegen ausländische Strafzölle abgesichert werden und Privatfirmen sollen bessere Bedingungen erhalten.

29. Juli 2024: Besuch der italienischen Ministerpräsidentin in China

Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni eröffnet im Rahmen eines China-Besuchs in Peking eine große Ausstellung aus Anlass des 700. Todestages von Marco Polo. Im Gespräch mit Staatschef Xi Jinping geht es um das Öffnen eines neuen Kapitels in den bilateralen Beziehungen, nachdem Italien sich aus dem Projekt "Neue Seidenstraße" zurückgezogen hat.

27. August 2024 - 29. August 2024: US-Sicherheitsberater zu Gesprächen in China

US-Sicherheitsberater Jake Sullivan reist erstmals zu Gesprächen in die VR China und wird dort u. a. von Regierungschef Xi Jinping, Außenminister Wang Yi und dem obersten Militärführer General Zhang Youxia empfangen. Im Mittelpunkt der Gespräche stehen militärische und sicherheitspolitische Themen.

14. September 2024: Erhöhung des Renteneintrittsalters

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet, dass die chinesische Regierung erstmals seit 1978 das Renteneintrittsalter anhebt. Bisher lag es für Frauen bei 50 oder 55 Jahren und wird nun schrittweise auf 55 oder 58 Jahre angehoben. Bei den Männern lag es bisher bei 60 Jahren und soll nun bei 63 Jahren liegen. Die Lebenserwartung in der Volksrepublik liegt inzwischen über jener in den USA. Das Land altert schnell, wobei die Zahl der Rentnerinnen und Rentner steigt und jene der Erwerbstätigen sinkt.

20. September 2024: Gewalttätige Angriffe auf japanische Schulkinder in China

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet, dass es in China in jüngster Zeit mehrfach zu Angriffen auf japanische Schulkinder gekommen ist. Dabei gab es auch Todesopfer. Die Angriffe werden als "Auswüchse des zunehmenden Nationalismus in der Volksrepublik" gewertet, der sich "insbesondere gegen den historischen Erzfeind Japan" richte, "der nunmehr als Speerspitze des Westens in Ostasien neuerlich Ziel geopolitischer Auseinandersetzungen" sei. Der japanische Botschafter in der VR China, Kenji Kanasugi, äußert, dass die "gesamte japanische Gemeinschaft in China" sich derzeit in Gefahr fühle.

25. September 2024: Chinesischer Raketentest - Ausbau des Atomwaffenarsenals

Die VR China schießt erstmals seit Jahrzehnten eine Interkontinentalrakete, die mit Atomsprengköpfen bestückt werden könnte, in den Pazifik bei Hawaii. Dies wird als Signal an die USA gewertet. Es gibt Hinweise, dass China sein Atomarsenal stark ausbaut. Bis 2030 soll das Land nach US-Schätzungen über 1.000 Sprengköpfe und neue Trägersysteme verfügen. Russland und die USA verfügen derzeit jeweils über rund 1.700 einsatzbereite Atomsprengköpfe.

30. September 2024: Berichte über gesunkenes Top-U-Boot der chinesischen Marine

Die "Neue Zürcher Zeitung international" berichtet unter Berufung auf US-Medien, dass Ende Mai, Anfang Juni dieses Jahres in der Wuchang-Werft in Wuhan mutmaßlich das neueste U-Boot der chinesischen Marine bei der Vorbereitung für seine erste Fahrt gesunken sei. Es handelte sich dabei wohl um das erste Exemplar einer neuen Klasse von Jagd-U-Booten mit Atomantrieb, welche zur Bekämpfung feindlicher U-Boote und Schiffe konzipiert sind. Nach Einschätzung von Experten könnte das Geschehen das chinesische U-Boot-Programm um Jahre zurückwerfen.

14. Oktober 2024: VR China beginnt Einkreisungsmanöver Taiwans

Die Streitkräfte der VR China beginnen mit ihrem zweiten großen Einkreisungsmanöver von Taiwan in diesem Jahr.

22. Oktober 2024 - 24. Oktober 2024: BRICS-Gipfeltreffen in Kasan

In der russischen Stadt Kasan findet das 16. Gipfeltreffen der BRICS-Staaten statt, an dem 21 Staats- und Regierungschefs teilnehmen, darunter der chinesische Machthaber Xi Jinping und der indische Ministerpräsident Narendra Modi. Für den russischen Gastgeber Wladimir Putin ist es wichtig zu zeigen, dass sein Land trotz des Angriffskrieges gegen die Ukraine international nicht isoliert dasteht. Als einziger Vertreter eines NATO-Staates nimmt der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan an dem Treffen teil. Auch UN-Generalsekretär António de Oliveira Guterres schaut beim Gipfel vorbei. Zu den bisherigen neun Mitgliedern des losen Staatenverbundes, der sich als geopolitisches Gegengewicht zum "Westen" sieht, haben zwölf weitere Staaten ihre Aufnahme beantragt. Russland ist in Gesprächen v. a. an einem neuen internationalen Zahlungssystem interessiert, da das Land vom Swift-System ausgeschlossen worden ist.

31. Oktober 2024: EU-Zölle auf Elektroautos aus China

Die EU-Zölle auf Elektroautos aus der VR China treten in Kraft. Deutschland hat sich in der Abstimmung der EU-Mitgliedstaaten gegen die Zölle ausgesprochen, konnte sich aber nicht durchsetzen.

1. November 2024: Chinesisch-slowakisches Abkommen über strategische Partnerschaft

Während eines einwöchigen China-Besuchs mit einer großen Regierungsdelegation schließt der slowakische Ministerpräsident Robert Fico mit dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping ein Abkommen über eine strategische Partnerschaft. Fico stellt sich damit in einen direkten Widerspruch zur Politik der EU-Kommission.

9. November 2024: Besuch des neuen indonesischen Staatspräsidenten in der VR China - Umstrittenes Abkommen

Der neue Staatspräsident Indonesiens, Prabowo Subianto, besucht bei seiner ersten Auslandsreise die VR China, wo er von Staats- und Parteichef Xi Jinping empfangen wird. In einer Erklärung steht, dass sie übereingekommen seien, die Gebiete überlappender Ansprüche gemeinsam zu entwickeln. Damit werden implizit umstrittene chinesische Ansprüche im Südchinesischen Meer anerkannt. Andere Anrainerstaaten anerkennen die chinesische Neun-Punkte-Linie nicht.

14. November 2024: Eröffnung eines von China kontrollierten Hafens in Peru

In der peruanischen Hauptstadt Lima nehmen Staatspräsidentin Dina Boluarte und Chinas Staatschef Xi Jinping virtuell an der Eröffnungszeremonie des Mega-Hafens Chancay teil, der rund 80 Kilometer entfernt liegt. Der Hafen gehört zu 60 %  dem chinesischen Staatskonzern Cosco Shipping Ports, der damit die Kontrolle hat, und zu 40 % dem peruanischen Unternehmen Volcan Compañia Minera.

20. November 2024: Chinesisch-brasilianisches Abkommen

Bei einem Staatsempfang für den chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping in Brasilien beschließen beide Seiten eine "Schicksalsgemeinschaft einer gemeinsamen Zukunft für eine gerechtere Welt und einen nachhaltigeren Planeten der Menschheit". Insgesamt unterzeichnen Xi und sein Amtskollege Lula da Silva 37 Abkommen. U. a. soll China Brasilien verstärkt als Industriestandort nutzen und dort Wertschöpfungsketten aufbauen. Außerdem kommt es zu zahlreichen Forschungs- und Technologiekooperationen.

28. November 2024: Säuberungen in der Armee

Das chinesische Verteidigungsministerium gibt bekannt, dass Marineadmiral Miao Hua wegen des Vorwurfs schwerwiegender Verstöße gegen die Disziplin suspendiert worden sei. Er war Direktor der Abteilung für politische Arbeit in der Zentralen Militärkommission. Dieses Gremium, dem neben Staats- und Parteichef Xi Jinping nur fünf Männer angehören, führt die Streitkräfte. Berichte, dass auch gegen den amtierenden Verteidigungsminister Dong Jun ermittelt werde, werden vom Ministeriumssprecher zurückgewiesen.

3. Januar 2025: Protest Indiens gegen chinesches Staudammprojekt am Oberlauf des Brahmaputra-Flusses

Das indische Außenministerium legt offiziell Protest gegen chinesische Pläne ein, am Oberlauf des Brahmaputra-Flusses einen gigantischen Staudamm zu errichten. Die Talsperre am Yarlung Tsangpo soll dreimal soviel Strom produzieren, wie der Drei-Schluchten-Staudamm. Die Kosten des Vorhabens an der Grenze zu Indien werden auf 137 Mrd. US$ veranschlagt.

1. Februar 2025: US-Präsident verhängt Zölle auf Importe aus Kanada, Mexiko und China - Aufschub für Mexiko - Gegenmaßnahmen Kanadas und Chinas

US-Präsident Donald J. Trump ordnet per Dekret Zollaufschläge in Höhe von 25 % auf die meisten Importe aus Kanada und Mexiko an. Einfuhren aus der VR China werden mit zusätzlich 10 % Zoll belegt. Er begründet dies mit der Rolle der drei Länder beim Handel und der Produktion von Fentanyl und anderen gefährlichen Rauschgiften sowie mit der illegalen Migration aus diesen Ländern. Die USA riskieren damit einen Handelskrieg mit ihren drei wichtigsten Handelspartnern. Die betroffenen Regierungen kündigen Gegenmaßnahmen an. Nach einem Telefonat mit der mexikanischen Staatspräsidentin Claudia Sheinbaum Pardo am 3.2. setzt Trump die Zölle für Mexiko für zunächst einen Monat aus. Mexiko sichert im Gegenzug zu, 10.000 Nationalgardisten an die Grenze zu den USA zu entsenden, um Drogenschmuggel zu unterbinden. Kanada reagiert auf die amerikanischen Maßnahmen mit eigenen Zöllen. Auch die VR China kündigt Zusatzzölle von zehn bis 15 % auf Flüssiggas, Kohle, Öl, Landwirtschaftsmaschinen und große Autos aus den USA an. Außerdem wird die Exportkontrolle verschärft, u. a. für den wichtigen Rohstoff Wolfram. Nach einem Telefonat Trumps mit dem kanadischen Premierminister Justin Trudeau setzen die USA auch die Zölle gegen Kanada zunächst aus.

4. März 2025: US-Zölle gegen Kanada, Mexiko und China - Reaktionen

Von US-Präsident Donald J. Trump am Vortag erneut verhängte Zölle in Höhe von 25 % auf die meisten Importe aus Kanada und Mexiko treten in Kraft. Kanadas Premierminister Justin Trudeau wirft Trump vor, den totalen Kollaps der kanadischen Wirtschaft zu wollen, weil dies es erleichtern würde, Kanada zu annektieren, und verkündet umgehend entsprechende Gegenzölle auf US-Importe. Er kritisiert auch, dass die Zölle eine erfolgreiche Handelsbeziehung stören und gegen das Freihandelsabkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada verstoßen würden. Auch Mexiko droht mit Gegenmaßnahmen. Gegen China verhängt Trump zusätzliche Zölle in Höhe von 10 % auf alle Importe. Auch die Volksrepublik reagert mit Gegenzöllen, u. a. auf Lebensmittelimporte. Außerdem kündigt China Sanktionen gegen 15 strategisch wichtige US-Unternehmen an und betont, einen Zollkrieg, einen Handelskrieg oder jede andere Art von Krieg bis zum Ende zu kämpfen. Gleichzeitig wird eine Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO) eingeleitet. Kanada, Mexiko und die VR China sind die wichtigsten Handelspartner der USA und stehen zusammen für über 40 % der US-Importe. Trotz US-Exporten in Höhe von zuletzt mehr als 830 Mrd. US$ in diese Länder haben die USA dabei ein Handelsbilanzdefizit. Am 6.3. setzt Trump nach einem Telefonat mit seiner mexikanischen Amtskollegin Claudia Sheinbaum Pardo die Strafzölle gegen Mexiko für einen weiteren Monat aus. Mexiko hat die illegale Migration in die USA stark reduziert, es wurde hart gegen Drogenbanden vorgegangen und 29 mutmaßliche Kartellführer wurden an die USA ausgeliefert.

5. März 2025: Nationaler Volkskongress

In Peking beginnt die alljährliche mehrtägige Sitzung des Nationalen Volkskongresses mit fast 3.000 Delegierten. Am Vortag hat bereits die Konsultativkonferenz mit über 2.000 Delegierten getagt. In seinem Bericht gibt Ministerpräsident Li Qiang bekannt, dass das zugelassene Defizit von drei Prozent im Vorjahr auf vier Prozent angehoben wird, um die Wirtschaft anzukurbeln. Die Rüstungsausgaben sollen um 7,2 % steigen. Das diesjährige Wachstumsziel wird mit ungefähr fünf Prozent beziffert.

2. April 2025: US-Präsident kündigt hohe Zölle für wichtige Handelspartner an - Reaktionen

US-Präsident Donald J. Trump kündigt pauschale Einfuhrzölle in Höhe von zehn Prozent an. Für Staaten, die in seinen Augen den USA mit unfairen Praktiken begegnen, soll es vom 9.4. an noch höhere Zölle geben: unter anderem 20 % für die EU, 34 % zusätzlich zu bestehenden 20 % für die VR China, 24 % für Japan, 25 % für Südkorea und 32 % für Taiwan (Republik China). Trump bezeichnet den Tag seiner Zollankündigung als einen der wichtigsten in der amerikanischen Geschichte und den Auftakt zu einem "goldenen Zeitalter". EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spricht dagegen von einem schweren Schlag für die Weltwirtschaft, der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz von einem Anschlag auf die globale Handelsordnung. Die Ankündigung sorgt für schwere Turbulenzen an den Börsen. Die VR China reagiert am 4.4. u. a. mit der Ankündigung von Zusatzzöllen in Höhe von 34 % auf alle Waren aus den USA sowie Exportkontrollen für ausgewählte Seltene Erden.

Familie

Nach einer ersten Ehe mit der Diplomatentochter Ke Xiaoming (1979-1982) heiratete X. 1987 die populäre Volkssängerin und Sopranistin Peng Liyuan (geb. 1962) aus der Musiktruppe der Volksbefreiungsarmee. Das Paar hat eine Tochter (Xi Mingze, geb. 1992), die 2014 einen Bachelor-Abschluss in Psychologie an der US-Eliteuniversität Havard abschloss. 2008, nach X.s politischem Aufstieg, zog sich Peng Liyuan, seit 1986 KP-Mitglied, von der Bühne zurück. Seit 2011 ist sie WHO-Botschafterin für HIV- und Tuberkulose-Aufklärung. Als "First Lady" gilt sie als Symbol für ein modernes selbstbewusstes China (vgl. NZZ, 14.1.2017, FAZ, 19.10.2017). X. liest viel und treibt gerne Sport.

Literatur

TV: "Die Welt des Xi Jinping" (Doku im Rahmen des ARTE-Themenabends "China erobert die Welt"; 18.12.2018).

Literatur: Willy Lam: "Chinese Politics in the Era of Xi Jinping. Renaissance, Reform or Retrogression?" (15), Kerry Brown: "The World according to Xi" (18; dt. "Die Welt des Xi Jinping"), George Magnus: "Red Flags: Why Xi's China Is in Jeopardy" (18), Stefan Baron, Guangyan Yin-Baron: "Die Chinesen. Psychogramm einer Weltmacht" (18), Kai Strittmatter: "Die Neuerfindung der Diktatur - Wie China den digitalen Überwachungsstaat aufbaut und uns damit herausfordert" (18), Elizabeth C. Economy: "The Third Revolution. Xi Jinping and the New Chinese State" (19), Jonathan E. Hillman: "The Emperor's New Road. China and the Project of the Century" (20), Stefan Aust/Adrian Geiges: "Xi Jinping - der mächtigste Mann der Welt" (21), Alexander Görlach: "Alarmstufe Rot. Wie Chinas aggressive Außenpolitik im Pazifik in einen globalen Krieg führt" (22), Matthias Naß, "Drachentanz. Chinas Aufstieg zur Weltmacht..." (22).

2023: Chi Wang: "Xi Jinping, China, and the United States". Sachbuch.
 

Adresse

c/o Office of the President, Zhong Nan Hai, Peking, China, Volksrepublik, E-Mail: gov@govonline.cn, Internet: http://english.gov.cn/



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