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MUNZINGER Sport

Fritz Herkenrath

deutscher Fußballspieler
Geburtstag: 9. September 1928 Köln-Dellbrück
Todestag: 18. April 2016
Klassifikation: Fußball
Nation: Deutschland
Erfolge/Funktion: 21 Länderspiele
Deutscher Meister 1955
WM-Teilnehmer 1958

Internationales Sportarchiv 32/1998 vom 27. Juli 1998 (eb)
Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW 18/2016


Fritz Herkenrath war in den 50er Jahren einer der besten deutschen Torhüter und als Nachfolger des legendären Weltmeisters Toni Turek zwischen 1954 und 1958 auch unumstritten Stammkeeper der Nationalelf. Der Mann von Rot-Weiß Essen machte sich vor allem mit seiner Beständigkeit und Zuverlässigkeit einen Namen und galt als der Inbegriff des seriösen Keepers. "Herbergers fliegender Schulmeister", wie er in Anspielung auf seinen Lehrerberuf in der Sprache der 50er Jahre oft genannt wurde, machte auch nach der Fußballerlaufbahn Karriere, indem er es bis zum Hochschuldozenten im Fachbereich Sport brachte.

Laufbahn

Fritz Herkenrath begann seine sportliche Laufbahn 1945 unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, der einen früheren Beginn einer Karriere vereitelte, als Feldhandballer beim TV Dellbrück. Er galt als wurfgewaltiger Flügelstürmer und ging gelegentlich auch schon mal aushilfsweise ins Tor. Doch dann interessierte er sich mehr für den Fußball und schloß sich im Frühjahr 1946 dem Fußballverein Preußen Dellbrück an. Auch hier wollte er lieber Feldspieler sein, landete schließlich aber doch im Tor. Herkenrath erwies sich als Ausnahmetalent und wurde schon bald für die Kölner Stadtauswahl nominiert.

Zwischen 1947 und 1951 absolvierte Herkenrath 75 Oberligaspiele für Preußen Dellbrück. Da sein Vater, als Kassenprüfer Funktionär bei den Preußen, Streitigkeiten mit dem Verein bekam, verließ Fritz Herkenrath seinen Klub und wechselte - weil er wegen seines Studiums die Domstadt nicht verlassen wollte - zum 1. FC Köln. Hier stand er allerdings im Schatten des holländischen Nationaltorwarts und Klassekeepers Frans de Munck. Der überaus ehrgeizige Herkenrath wollte sich mit dem Reservistendasein jedoch nicht abfinden und zog nach nur einem Jahr und lediglich 13 Einsätzen in der Oberliga weiter zu Rot-Weiß Essen.

Die Rot-Weißen hatten mit Herkenrath das große Los gezogen, denn der Neuzugang entpuppte sich schon bald als Torwart der Extraklasse. Bereits im ersten Jahr erreichte Herkenrath mit seinem Klub das deutsche Pokalfinale. Dieses wurde in jenem Jahr nach der kriegsbedingten Pause zum ersten Mal wieder ausgetragen und hatte - verglichen mit später - einen nur sehr niedrigen Stellenwert. "Die Bedeutung eines Pokalfinales war seinerzeit sehr gering. Fast möchte ich sagen, uns Spielern überhaupt nicht bewußt", erinnerte er sich über 30 Jahre später in einem Interview mit dem kicker (10.3.1994).

1955 und damit zwei Jahre nach dem Pokalsieg feierte Herkenrath mit dem Gewinn des deutschen Meistertitels seinen größten Erfolg auf Vereinsebene: Nach der Meisterschaft der Oberliga West (1954 war RWE hinter dem 1. FC Köln bereits Zweiter geworden) stieß die Mannschaft mit ihrem berühmten Sturm Rahn-Islacker-Gottschalk-Röhrig-Termath ins deutsche Endspiel vor und besiegte in Hannover die "Walter-Elf" des 1. FC Kaiserslautern mit 4:3. Die Essener konnten sich auch danach jahrelang in der vorderen Tabellenhälfte der Oberliga West halten, an die Erfolge der Saison 1954/55 jedoch nicht mehr anknüpfen. Zum Ende der Spielzeit 1960/61 stieg Rot-Weiß Essen dann aus der Oberliga ab, obwohl Herkenrath in dieser Saison nur 46 Gegentreffer zugelassen hatte - eine Bilanz, die nur von drei Vereinen übertroffen wurde. Ingesamt absolvierte Herkenrath 336 Oberligaspiele, davon 248 für Rot-Weiß Essen.

Fritz Herkenrath war Mitglied der deutschen Studenten-Nationalelf (im August 1948 war er dabei, als diese nach Italien reiste und als erste deutsche Mannschaft nach dem Krieg sportliche Verbindung ins Ausland aufnahm) und auch Repräsentativspieler für den Westen. Auf sein Debüt in der A-Nationalmannschaft mußte er jedoch bis September 1954 warten. Immerhin bereits 26 Jahre alt, hütete Herkenrath beim 0:2 gegen Belgien in Brüssel erstmals das deutsche Tor. Dabei war er bereits knapp drei Jahre zuvor, damals noch für Preußen Dellbrück spielend, beim 3. Nachkriegsländerspiel gegen die Türkei in Berlin bereits einmal eingeladen worden. Einen Tag vor der Anreise wurde er, wie er dem kicker (10.3.1994) Jahrzehnte später in einem Interview berichtete, telefonisch aber wieder ausgeladen, weil der DFB von seinen Wechselabsichten zum 1. FC Köln gehört hatte und einen wechselwilligen Spieler nicht einsetzen wollte (für ihn rückte der Nürnberger Schaffer nach).

In der sportlich so wenig erfolgreichen Zeit zwischen den beiden WM-Turnieren 1954 und 1958 war Fritz Herkenrath unbestritten die Nummer 1 im Tor der Nationalelf und löste damit Toni Turek ab, der im Oktober 1954 gegen Frankreich sein letztes Länderspiel bestritten hatte. Herberger baute fest auf den Essener, dessen Konkurrenten Heinz Kubsch, Heiner Kwiatkowski, Günter Sawitzki und Hans Tilkowski sich mit sporadischen Einsätzen begnügen mußten. Bei der WM 1958 stand Herkenrath in allen Begegnungen bis zum Halbfinale im deutschen Kasten, erst im kleinen Finale durfte Kwiatkowski ran und mußte sechs Gegentreffer hinnehmen. Sein 21. und letztes Länderspiel bestritt Fritz Herkenrath am 24. September 1956 in Kopenhagen gegen Dänemark - fast genau auf den Tag vier Jahre nach seinem Debüt. Aufgrund der schwierigen Umbruchphase der Nationalelf zwischen 1954 und 1958 schloß Herkenrath, der sich jetzt ganz auf seinen Beruf konzentrierte und weitere Länderspielberufungen ablehnte, seine Länderspielkarriere mit einer negativen Bilanz ab: acht Siege, drei Unentschieden, zehn Niederlagen.

Der Wechsel von Köln zu Rot-Weiß Essen zahlte sich auch in einer anderen, nicht primär sportlichen Hinsicht für Fritz Herkenrath aus. Denn die Westdeutschen galten damals als die reisefreudigste Mannschaft Deutschlands und bestritten über 100 Spiele gegen ausländische Spitzenteams aus aller Welt. Besonderes Aufsehen erregte die im April 1954 begonnene Traumreise nach Nord- und Südamerika, die auch sportlich ein großer Erfolg war und die Mannschaft von der Hafenstraße und ihre Spieler auch in Südamerika berühmt machte. Herkenrath hat die Eindrücke und Erlebnisse dieser Reisen in einem 1959 erschienenen Erinnerungsbüchlein zusammengefaßt ("Mit dem Fußball um den Erdball"). Am 13. Mai 1962 nahm Herkenrath nach einem Meisterschaftsspiel Rot-Weiß Essens endgültig Abschied vom Fußball, nachdem er nach dem Abstieg nur noch sporadisch (und dabei manchmal sogar als Feldspieler) eingesetzt worden war.

Der zu seiner Zeit bei den Zuschauern sehr beliebte Fritz Herkenrath galt als ein sehr reaktionsschneller Torhüter, der vor allem mit seiner großen Zuverlässigkeit und seinen mutigen Paraden glänzte. Weiter wurden sein gutes Stellungsspiel, das frühzeitige Herauslaufen und die nüchterne, sachliche Art, mit der er das Torwartspiel interpretierte, gerühmt. Seine für einen Torwart recht geringe Körpergröße von 1,77 m ("An der idealen Torwartlänge fehlten mir einige Zentimeter") kompensierte Herkenrath, dessen Vorbild Willibald Kreß war, mit seiner guten Sprungkraft. In einem Buch zur WM 1958 hieß es in einem Kurzporträt: "Er strahlt Ruhe und Sicherheit auf die ganze Abwehr aus, obwohl er kein Dirigent im eigentlichen Sinne ist. Herkenrath zeichnen sicheres Stellungsspiel und gute Faustparaden aus."

Persönliches

Fritz Herkenrath war, wie es der kicker einmal ausdrückte "Lehrer aus Leidenschaft". Selbst Kind einer Lehrerfamilie ("Ich stamme aus einer alten Pauker-Familie aus Dellbrück. Da bekommt man so etwas automatisch mit in die Wiege gelegt"), war zunächst Volksschullehrer und hatte daneben als einer der ersten Schüler der Sporthochschule in Köln eine Ausbildung zum Diplomsportlehrer absolviert. Während seiner Zeit in Essen fungierte er einige Zeit als "Ober-Turnlehrer" (eine Art Schulrat für Sport) - eine Tätigkeit, die mehr den Organisator als den Pädagogen forderte und ihm deshalb nicht sonderlich gefiel. Nach seiner sportlichen Laufbahn widmete er sich ganz seiner pädagogischen Karriere. 1962 wurde er an der Pädagogischen Hochschule in Aachen Dozent für Leibeserziehung und bildete Grund- und Hauptschullehrer für das Fach Sport aus. Nach der Umstrukturierung des Lehrerausbildungswesens in Nordrhein-Westfalen arbeitete er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1990 als Studienprofessor an der Universität Düsseldorf.

Fritz Herkenrath ist verheiratet und hat mit seiner Frau Franziska drei Kinder (Elke, geb. 1956, Karin, geb. 1961, Jörg, geb. 1963). Er wohnt im Aachener Vorort Walheim. Gartenarbeit und ausgedehnte Spaziergänge zählen zu seinen Hobbys, eine weitere Leidenschaft sind Reisen mit dem Wohnmobil. Zum Fußball pflegte Fritz Herkenrath, der sich als Ruheständler mit Tennis, Volleyball und Joggen fit hält, später ein eher kritisch-distanziertes Verhältnis.

18. April 2016: Der frühere deutsche Fußballtorwart Fritz Herkenrath stirbt im Alter von 87 Jahren. Nach dem Ende seiner sportlichen Laufbahn im Sommer 1962 arbeitete der langjährige Torhüter von Rot-Weiß Essen (insges. 336 Oberligaspiele) und 21-fache Nationalspieler sowie studierte Grundschullehrer als Dozent für Leibeserziehung an der PH Aachen und als Studienprofessor an der Uni Düsseldorf. Im Jahr 1990 wurde er pensioniert.

Karriere in Zahlen

Stationen:

bis 1946: TV Dellbrück (zunächst als Handballer)
1946 - 1951: Preußen Dellbrück
1951/52: 1. FC Köln
1952 - 1962: Rot-Weiß Essen

Erfolge:

21 A-Länderspiele
336 Oberligaspiele
WM-Teilnehmer 1958
Deutscher Meister 1955
Deutscher Pokalsieger 1953
Meister Oberliga West 1955
Vizemeister Oberliga West 1954



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