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Klaus Doldinger

Klaus Doldinger

deutscher Jazzmusiker und Komponist
Geburtstag: 12. Mai 1936 Berlin
Nation: Deutschland - Bundesrepublik

Internationales Biographisches Archiv 40/2014 vom 30. September 2014 (re)
Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW 35/2022


Blick in die Presse

Herkunft

Klaus Erich Dieter Doldinger wurde am 12. Mai 1936 in Berlin geboren. Während des Zweiten Weltkriegs kam er mit seinen Eltern nach Wien und floh von dort vor den Russen nach Schrobenhausen in Bayern. Als dort 1945 die Amerikaner im Dorfwirtshaus mit einer Big Band probten, hörte der neun Jahre alte D. zum ersten Mal den Glenn-Miller-Sound.

Ausbildung

Bereits während seiner Gymnasialzeit ab 1947 in Düsseldorf besuchte D. das dortige Robert-Schumann-Konservatorium, wo er Klavier, Klarinette, Harmonielehre und Musiktheorie studierte. 1957 machte er in Düsseldorf Abitur und studierte 1958-1963 Musikwissenschaften und absolvierte ein Tonmeisterstudium.

Wirken

Jazzmusiker und Gründer von "Passport"Bereits während seiner Schul- und Studienzeit jazzte D. - zunächst auf der Klarinette, später am Saxofon - in verschiedenen Jazz-Ensembles. 1952 schloss er sich als Klarinettist der Amateur-Dixieland-Band "The Feetwarmers" an und 1955 gründete er seine erste eigene Gruppe "Oskar's Trio". Im gleichen Jahr gewann er den 1. Preis beim Jazzfestival Brüssel und 1960 wurde D. beim Düsseldorfer Amateur Jazzfestival mehrfach ausgezeichnet.

Ab 1960 tourte D. mit seiner Band durch die USA mit Auftritten in Chicago, New York, Atlanta und New Orleans, wo ihm die Ehrenbürgerschaft verliehen wurde. Mit dem 1962 gegründeten "Klaus Doldinger Quartett" in der Besetzung Saxofon, Orgel, Bass und Schlagzeug unternahm D. ab 1964 im Auftrag des Goethe-Instituts Tourneen in rund 40 Länder und avancierte zum Repräsentanten der international erfolgreichen deutschen Jazz-Szene. Mit dem Quartett, dem der Pianist und Organist Ingfried Hoffmann angehörte, verlegte er sich ganz auf Hard Bop mit starken Rhythm-and-Blues- und Ethno-Einflüssen und bot damit eine publikumswirksame Alternative zum dominierenden Cool Jazz der "Frankfurter Schule". Mit dem "Klaus Doldinger Quartett" produzierte er bis 1968 sechs Schallplatten.

Sein erstes Album brachte D. 1963 mit seinem damaligen Produzenten Siggi E. Loch mit "Doldinger - Jazz Made in Germany" heraus, das in 20 Ländern veröffentlicht wurde. Mit Loch produzierte D. ab 1964 auch unter dem Pseudonym Paul Nero Beat- und Tanzplatten mit schwarzem Bluestouch (insgesamt elf LPs bis 1970).

1969 gründete D. die Gruppe "Motherhood", nachdem er das Quartett aufgelöst und sich elektrischen Sounds zugewandt hatte. Die Verbindung von Jazz, Rock, Blues und Soul fand 1971 mit der längst legendären Gruppe "Passport" ihre Fortsetzung, die in den folgenden Jahrzehnten in wechselnden Besetzungen regelmäßig auf Tournee ging und sich zur Konstanten der bundesdeutschen Jazzrockszene entwickelte. Zur Gründungsbesetzung gehörte u. a. auch Udo Lindenberg am Schlagzeug. Bereits das zweite Album "Second Passport" (1973) wurde ein Charterfolg mit der Besetzung Curt Cress (Schlagzeug), Wolfgang Schmidt (E-Bass, Gitarre) und Kristian Schultze (Keyboard) sowie D. (Leitung, Saxofon, Klarinette, Piano, Synthesizer). In den folgenden Jahren tourte die Band auch mit Alexis Korner, Volker Kriegel, Brian Auger, Buddy Guy, Les McCann, Peter York und Johnny Griffin. "Passport"-Produktionen tauchten in den US-Charts von Billboard, Cach Box und Record World auf. 1976 und 1981 wurde die Gruppe von der Jury des Deutschen Schallplattenpreises zu "Künstlern des Jahres" in der Kategorie Ensemble Pop National gewählt.

Doldinger als KomponistAb 1964 sammelte D. erste praktische Erfahrungen mit Theater und Musical sowie mit Kompositionsaufträgen für Zeichentrick- und Werbefilme. 1968 wurde sein erstes großes Orchesterwerk "Jazzconcertino" uraufgeführt und im Folgejahr schrieb er seine ersten Filmmusiken für "Negresco" von Klaus Lemke und "Baal" von Volker Schlöndorff (1969). 1970 komponierte er die Titelmelodie für die ARD-Krimireihe "Tatort", die zu einer seiner bekanntesten Erkennungsmelodien avancierte. 1974 begann D. eine Zusammenarbeit mit dem Regisseur Wolfgang Petersen, aus der die erfolgreichen Großproduktionen "Das Boot" (1981) und "Die unendliche Geschichte" (1984) hervorgingen. Die Titelsongs mit ihrem hohen Wiedererkennungswert erreichten eine ebenso unglaubliche Popularität wie das Thema zum Film "Salz auf unserer Haut" (1992). D. arbeitete in der Folge auch für die Regisseure des sogenannten Neuen deutschen Films wie Hans W. Geißendörfer, Volker Schlöndorff und Margarethe von Trotta. Er schrieb die Musik für die Serien "Liebling Kreuzberg" (1989 und 1997), "Hecht & Haie" (1992), "Wolff's Revier" (1992), "Ein Rucksack voller Abenteuer" (1993) und "Alles außer Mord" (1994) und komponierte zum Start des Münchner Infosenders B5 dessen musikalisches Erscheinungsbild.

WürdigungSein Renommee als führender deutscher Jazzmusiker wuchs im Laufe seiner langen Karriere ständig an. So schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung (11.5.1996) nach einem Jubiläumskonzert anlässlich seines 60. Geburtstags: "Obwohl man Klaus Doldinger die deutsche Herkunft musikalisch deutlicher anmerkt als seinen jungen Kollegen, könnte man ihn in anderer Hinsicht den 'amerikanischsten' unter den deutschen Jazzmusikern nennen: Weit entfernt von elitärem Kunstgehabe, bedeutet Musik für ihn Entertainment. Dass man dabei sich selbst treu bleiben kann, das demonstriert Klaus Doldinger erfolgreich seit 43 Jahren 'on the road'". Zehn Jahre später notierte das Blatt, D. strahle "eine ganz besondere, unerschütterlich jugendliche Vitalität, Neugier und Abenteuerlust aus wie kein anderer deutscher Jazzmusiker" (FAZ, 13.5.2006). Die Süddeutsche Zeitung (14.5.1996) stellte als "Doldingers wahre Kunst" die "Integration aller nur denkbaren Stile und Stilisten" heraus. So veröffentlichte D. in verschiedenen Stilen, etwa 1983 das erste ausschließliche Elektronik-Album "Constellation" oder 1991 seine erste durchgängige Blues-LP mit "Passport" ("Blues Roots"). In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (13.5.2006) war über die Vielseitigkeit von D.s Passport-Alben zu lesen, dass die Band "mit Elektronik, orientalischen Skalen, afrikanischen und lateinamerikanischen Rhythmen, europäischen Volksliedern, Breakbeats und Drum 'n' Brass" experimentierte. Die Stuttgarter Zeitung (8.7.2011) nannte als Erfolgsgeheimnis der Band, "dass es Doldinger nie genügte, seinen Ruhm nur zu verwalten, sondern dass er die Band immer wieder neu formierte".

In einer im Jahre 2001 veröffentlichten CD-Rückschau auf etwa 2.000 Werke ("Works & Passion") dokumentierte der nach wie vor gerne auf Tournee gehende Jazzer seine 45-jährige Karriere, in der er sich nach Einschätzung der Neuen Zürcher Zeitung (14.6.2001) immer treu blieb. Für sein 28. Album reiste D. im Jahre 2003 mit "Passport" nach Brasilien, wo die CD "Back to Brasil" und ein DVD-Mitschnitt seines Konzerts in São Paulo entstanden. Bis 2004 absolvierte D. mit "Passport" jedes Jahr nach eigenem Bekunden zwischen 40 und 50 Konzerte. Anlässlich des 35-jährigen Bühnenjubiläums erschien 2006 die CD "Passport to Morocco".

Zwei Jahre später kam dann das Doppel-Live-Album "Passport on Stage" heraus (u. a. mit der WDR Bigband und Solisten wie Randy Brecker und Johnny Griffin). 2011 erschienen dann gleich zwei Alben: "Inner Blue" mit Passport und "Symphonic Project" (Passport zusammen mit der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz). Dieses Cross-over-Repertoire wurde in den Jahren darauf diverse Male live aufgeführt.

Familie

D. ist seit 1960 mit Inge Beck verheiratet. Das Paar hat drei Kinder: die Töchter Melanie (geb. 1970) und Viola (geb. 1972) und den Sohn Nicolas (geb. 1984). Seit 1968 lebt D. in Icking bei München. 1978 gründete er mit "Soundport Studios" sein eigenes Studio.

Werke

Diskographie: 3 Soloalben (63-07), 6 LPs Klaus Doldinger Quartett (63-68), 11 LPs unter dem Pseudonym Paul Nero (64-70), 2 LPs mit Motherhood (69-70), über 30 LPs mit Passport (71-07), 6 Soundtrack-CDs (81-07).

Fernseh- und Kinoarbeiten u. a.: "Negresco" (69) von Klaus Lemke, "Baal" (69) von Volker Schlöndorff, Erkennungsmusik zu "Tatort" (70; TV-Serie), "Einer von uns beiden" (73) von Wolfgang Petersen, "Bis zur bitteren Neige" (75) von Gerd Oswald, "Vier gegen die Bank" (76) von Wolfgang Petersen, "Moritz lieber Moritz" (78) von Hark Bohm, "Das Boot" (81), "Ein Fall für zwei" (ab 81; TV-Serie), "Die unendliche Geschichte" (84) von Wolfgang Petersen, "Die wilden Fünfziger" (83) von Peter Zadek, "Flight into Hell" (85; TV-Serie), "Ich und Er" (88) von Doris Dörrie, "Liebling Kreuzberg" (89 und 97; TV-Serie), "Salz auf unserer Haut" (92) von Andrew Birkin, "Hecht & Haie" und "Wolff's Revier" (92; TV-Serien), Titelmusiken zu den TV-Serien "Faust" und "Die Kommissarin" (93), Musik zur ZDF-Reihe "Hitler - Eine Bilanz" (95), "Palmetto" von Volker Schlöndorff, "Verzweiflung" von Markus Lauterbach (00), "Im Schatten der Macht" von Oliver Storz (03), "Der Herr der Wüste" von Vivian Naefe (03), "Drei Schwestern made in Germany" (06), "Der Bulle und das Landei" (10; TV-Serie). 2013 komponierte D. die Musik zu der dreiteiligen TV-Serie "Weltenbrand" von Guido Knopp, mit dem bereits in den 1980er und 1990er Jahren ca. 25 TV-Dokus entstanden waren.

m. PASSPORT: "En Route" (2015), Warner Classics

2022: Klaus Doldinger: "Made in Germany. Mein Leben für die Musik". Autobiographie (2022).

Literatur

Literatur: Rainer Thieme: "Klaus Doldinger" (11; Biographie und Diskographie).

WDR: "Jazzline: Klaus Doldinger. Eine deutsche Musikerlegende". Regie: Elmar Sommer (06).

Auszeichnungen

Auszeichnungen: 1. Preis Jazzfestival Brüssel (55), Ehrenbürger von New Orleans (60), 1. Preise beim Düsseldorfer Amateur-Jazzfestival (60), Deutscher Schallplattenpreis (76, 81 und 82), Bundesverdienstkreuz (78), Musikpreis der Stadt München (93), Deutscher Jazz Award (94, 97, 98), ECHO Lifetime Achievement Award (96), Ehrenpreis des Bayerischen Filmpreises (98), Jazz Award (98), Paul-Lincke-Ring (99), Musikpreis der Stadt Frankfurt am Main (00), Bundesverdienstkreuz I. Klasse (02), Kulturehrenbrief des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen (02), Besondere Ehrung des Deutschen Volkshochschul-Verbandes für Verdienste um die Entwicklung des Fernsehens (05), Bayerischer Verdienstorden (07), Kulturpreis Bayern (08), ECHO für Jazzmusik (10), Bayerischer Fernsehpreis für das Lebenswerk (10), Joachim-Ernst-Berendt-Preis der Stadt Baden-Baden (12), Hans-Abich-Preis (12).

8. Juli 2016: Klaus Doldinger wird in Stuttgart mit der German Jazz Trophy geehrt.

November 2016: Klaus Doldinger erhält den Kulturellen Ehrenpreis der Stadt München. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis soll im Februar 2017 übergeben werden.

März 2018: Klaus Doldinger wird beim Deutschen Musikautorenpreis der GEMA für sein Lebenswerk geehrt.

August 2019: Klaus Doldinger wird der Ehrenpreis des Musik-Kongresses "Soundtrack Cologne" zugesprochen. Mit dem Preis, der am 31. August 2019 überreicht werden soll, werden außergewöhnliche Leistungen in der Medienkomposition honoriert.

Mitgliedschaften

Mitgliedschaften: D. ist u. a. Mitglied im Aufsichtsrat der GEMA, der Deutschen Filmakademie und der Deutschen Jazzmusiker Union.

Adresse

c/o coco concerts & management, Aachener Str. 1063-1065, 50858 Köln, Tel.: 0221 9484810, E-Mail: cocokoeln@koeln.com

Internet: https://klaus-doldinger.com



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